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1970 feierte der NWV das Richtfest des Westflügels (Diensthaus). Mitte der 70er Jahre endete der Prozess um die Eigentumsverhältnisse zugunsten der ABW, die das Gelände oberhalb der Burg zugesprochen bekam und die seit den 50er Jahren zahlreiche kleine Gebäude errichtete, darunter die sogenannte Salamanderhütte und später auch das Strohballenhaus. | 1970 feierte der NWV das Richtfest des Westflügels (Diensthaus). Mitte der 70er Jahre endete der Prozess um die Eigentumsverhältnisse zugunsten der ABW, die das Gelände oberhalb der Burg zugesprochen bekam und die seit den 50er Jahren zahlreiche kleine Gebäude errichtete, darunter die sogenannte Salamanderhütte und später auch das Strohballenhaus. | ||
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Nach [[Oelb]]s Tod im Herbst 1974 übernahm der langjährige [[Bauhütte]]n- und zeitweilige Bundesjungenführer [[Fritz-Martin Schulz]] (genannt "FM") das Amt des Bundesführers und zog, nachdem die ABW ihn aus der ehemaligen Kanzlei im Säulenhaus herausgeklagt hatte, im Diensthaus auf der Oberburg ein. | Nach [[Oelb]]s Tod im Herbst 1974 übernahm der langjährige [[Bauhütte]]n- und zeitweilige Bundesjungenführer [[Fritz-Martin Schulz]] (genannt "FM") das Amt des Bundesführers und zog, nachdem die ABW ihn aus der ehemaligen Kanzlei im Säulenhaus herausgeklagt hatte, im Diensthaus auf der Oberburg ein. |
Version vom 17. Januar 2009, 13:39 Uhr
Burg Waldeck nahe Dorweiler/Hunsrück ist heute eine zweigeteilte Anlage. Das vor der Oberburg gelegene Gelände mit zahlreichen Gebäuden ist der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck e.V. (ABW) zugesprochen, während die direkt angrenzende neugebaute Oberburg mit dem davorliegenden Ehrenhain der deutschen Jugendbewegung und die etwas hangabwärts gelegene Ruine dem Nerother Wandervogel (NWV) gehören und dessen Bundessitz verkörpern.
Geschichtliches
Historischer Überblick bis 1910
Die Burg Waldeck (die heutige Unterburg, von den Nerothern auch Bastion genannt) wurde erstmalig 1042 erwähnt. Im Jahr 1242 wurde sie von den Pfalzgrafen unter anderem dem kölnischen Erzbischof zum Lehen gegeben. Um 1250 wurde erstmals eine Unterburg erwähnt, die heute nicht mehr sichtbar ist. Wegen Unstimmigkeiten mit den Burgherren nahm 1398 der Pfalzgraf und spätere König Ruprecht I. die Burg ein, erwarb käuflich große Teile der Anlage und errichtete einen neuen „Turm auf dem Halse“, die heutige Oberburg. 1689 wurde Burg Waldeck im Pfälzischen Erbfolgekrieg von französischen Truppen zerstört. Etwa um 1720 ließ der Eigentümer Freiherr von Boos-Waldeck die heutige Ruine größtenteils planieren und darauf ein Jagdschloss errichten. 1833 wurde dieses Schloss zum Abbruch verkauft, worauf auch das ausgeschlachtete Schlossgebäude verfiel.
Entwicklungen bis 1945
Um 1910 wurde Burg Waldeck wie die nahegelegene Rauschenburg von Wandervögeln als Fahrtenziel entdeckt. 1920 entdeckten sie die Brüder Oelbermann und Kurt Lorenz als mögliche Rheinische Jugendburg und Sitz für den 1921 neugegründeten Nerother Wandervogel und erwarben Grundstücke innerhalb des Burggeländes. Die Burg Waldeck entwickelte sich nun zum „Nabel der Welt“, der neben begeisterten Wandervögeln und Bündischen viele bedeutende Menschen, wie Gustav Wyneken (umstrittener Reformpädagoge), Rabindranath Tagore (Nobelpreisträger für Literatur 1913 und Schöpfer der indischen Nationalhymne), Karl Fischer und Romain Rolland (Nobelpreisträger für Literatur 1915) anzog. Von 1927 bis 1933 lebte Werner Helwig in einer selbstgebauten Hütte auf Burg Waldeck und schuf dort unter anderem Vertonungen von Gedichten von Berthold Brecht. Die Nerother unternahmen von Burg Waldeck aus Fahrten in alle Welt und drehten dabei auch Kulturfilme für die UFA. Das von den Nerothern in Eigenleistung errichtete Säulenhaus (heute im Besitz der ABW) wurde 1930 eingeweiht. 1933 wurde der Nerother Wandervogel von den Nationalsozialisten verboten und der Trägerverein "Bund zur Errichtung der Rheinischen Jugendburg“ nannte sich 1934 in "Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck" um, musste sich 1935 aber ebenfalls auflösen und die gesamte Liegenschaft wurde beschlagnahmt. 1941 kam Robert Oelbermann nach langer Haft im KZ Dachau ums Leben.
Die Jugendburg nach 1945
Bereits 1945, direkt nach dem Krieg, kehrten die Überlebenden zurück. Dabei kam es zu Spannungen. Die einen wollten mit dem neu gegründeten Verein Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck e.V. (ABW) einen Ort der gelebten Toleranz und der internationalen Jugendbegegnung schaffen, während die anderen in ungebrochener Tradition an den Jungengruppen der Nerother und, als Zentrum des Bundes, an der Jugendburg festhielten. Zu Pfingsten 1954 (1) kehrte Karl Oelbermann, der 20 Jahre in Südafrika überlebt hatte, zurück auf die Waldeck und übernahm die Bundesführung des bereits wieder neu erstandenen NWV und gleichzeitig den Ehrenvorsitz der ABW. 1954 wurden die seit 1933 brachliegenden Baumaßnahmen in bescheidenerem Maße wieder aufgenommen. Er beanspruchte nun für den NWV das Haus- und Eigentumsrecht, was endgültig zur Spaltung zwischen der ABW und den Nerothern und ab 1957 zum Prozess führte.
1964 veranstaltete die Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck e.V. (ABW) das „deutsche Woodstock“, den „Chanson Folklore International“, aus dem z.B. Reinhard Mey hervorgingen, und dem bis 1969 weitere Festivals folgten. Das Musikfestival auf der Burg Waldeck in den 60er Jahren wurde zur Wiege des neuen deutschen Liedes.
1970 feierte der NWV das Richtfest des Westflügels (Diensthaus). Mitte der 70er Jahre endete der Prozess um die Eigentumsverhältnisse zugunsten der ABW, die das Gelände oberhalb der Burg zugesprochen bekam und die seit den 50er Jahren zahlreiche kleine Gebäude errichtete, darunter die sogenannte Salamanderhütte und später auch das Strohballenhaus.
1974 begannen einige Nerother, unter ihnen Alexej Stachowitsch mit der Idee einer „Bündischen Akademie“ eine weitere Jugendburg, Burg Balduinstein, auch als Gegenpol zu lustiger Nerotherei, aufzubauen. Karl Oelbermann, der Bundesführer besuchte diesen „Ableger“ zwei mal 1974 und erteilte seinen Segen, bevor er noch im gleichen Jahr verstarb.
Nach Oelbs Tod im Herbst 1974 übernahm der langjährige Bauhütten- und zeitweilige Bundesjungenführer Fritz-Martin Schulz (genannt "FM") das Amt des Bundesführers und zog, nachdem die ABW ihn aus der ehemaligen Kanzlei im Säulenhaus herausgeklagt hatte, im Diensthaus auf der Oberburg ein.
1977 vernichtet ein Brand das alte Karl Buschhüter Säulenhaus von 1930.
1986 feierte der NWV das Richtfest für die Jungenbleibe und 1998 für die Burgkapelle. Direkt vor der heutigen Oberburg hat der NWV den Ehrenhain der deutschen Jugendbewegung eingerichtet, wo bedeutende Persönlichkeiten aus der Jugendbewegung (Wandervogel, Jungenschaft und Pfadfindertum) und der Jugendmusikbewegung mit einem Gedenkstein geehrt werden.
Bericht eines Zeitzeugen
Ein Pfadfinder der CP (Heinz Dietrich Malms), der mit seinem Stamm gerne auf Burg Waldeck weilte und sich sehr angetan von Burg Waldeck und dem dortigen Treiben zeigte, beschrieb 1981 in der Zeitschrift stichwort die Situation folgendermaßen:
"[…]Was mir aber auffiel, waren merkwürdige Gestalten, die sich in wachsender Zahl vor dem Säulenhaus herumtrieben und die Besucher Oelbs und der Nerother Kanzlei spöttisch musterten. Was mir auffiel, war, dass der Stil in den Häusern am Turmfeld sich gar nicht mit dem deckte, was ich bei meiner ersten Begegnung mit der Waldeck als „bündisch“ empfunden hatte. Das wurde von Jahr zu Jahr sichtbarer. Solange Oelb noch lebte und sein Wohnrecht im Säulenhaus behauptete, ging das noch an, wenngleich sich auf dem Turmfeld und besuchsweise auch auf der Bastion mehr und mehr Gestalten bewegten, die eher einem Slum, denn einer bündischen Gruppe, zu entstammen schienen. […] (I)mmer mehr wurde mir der Weg zur Bastion vergällt, wenn er über das Turmfeld hinweg zunehmend zum Spießrutenlauf wurde.[…] Seitdem habe ich die Waldeck nicht mehr besucht. Aber alle, mit denen ich in letzter Zeit sprach, berichteten übereinstimmend, dass sich die Lage auf der Waldeck […] so entwickelt hat, dass sich FM =Bundesführer des NWV) und die Nerother in der Jungenbleibe regelrecht einigeln mussten. Wer Jungenbleibe und Bastion verlässt, fühlt sich auf dem Turmfeld im „feindlichen Ausland“.[…]" (Quelle: stichwort 2/81)
Infos für Besucher
Die Oberburg ist Sitz des Nerother Wandervogel und, im Gegensatz zum Ehrenhain, für Besucher nicht zugänglich. Am Bund Interessierte sind jedoch trotzdem gern gesehen.
Die Ruine (Bastion) ist durch Wanderwege aus dem Tal tagsüber frei zugänglich, ist aber stark von weiterem Verfall bedroht. Zwei Gebäude sind abgesperrt und werden vom NWV genutzt. Sporadisch sind dort auch Nerother anzutreffen, die vor allem einzelnen Reisenden und Interessierten sehr freundlich gesinnt sind.
Literatur
- Werner Helwig: Die Blaue Blume des Wandervogels. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 1998. ISBN 3-88778-208-9
- Werner Helwig: Die Geheimnisse des Baybachtales. Hrsg. von Fritz-Martin Schulz. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 2001. ISBN 3-88778-2313
- Nerohm: Die letzten Wandervögel. Burg Waldeck und die Nerother. Geschichte einer Jugendbewegung. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 2002. ISBN 3-88778-197-X
- Hotte Schneider: Die Waldeck. Lieder, Fahrten, Abenteuer. Die Geschichte der Burg Waldeck von 1911 bis heute. 2005. ISBN 3-935035-71-3
Einzelnachweise
- (1) Nerother Rundbrief Nr.: 30; Seite 1; vom 24.04.1966.