Nerother Wandervogel

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Burg Waldeck, Blick von der Ruine zur Oberburg, Sitz des NWV

Der Nerother Wandervogel (NWV) (Korporatives Mitglied im Bund zur Errichtung der rheinischen Jugendburg e.V) gilt als einer der letzten bestehenden Bünde, die der historischen Jugendbewegung entstammen. Er hat seinen Sitz auf Burg Waldeck bei Dorweiler/Hunsrück.

Der NWV ist bekannt für die Abenteuerlichkeit seiner Fahrten, die den zugehörigen Jungen frühe Welterfahrung geben. Im Bereich des volksliedhaften Singens sind seine Gruppen auch in der Gegenwart noch prägend für das Liedgut in entsprechenden Bünden und Verbänden. Der Bund hat als Mittelpunkt eine eigene Jugendburg gebaut, unter Ablehnung öffentlicher Zuschüsse, nur mit eigener Arbeitskraft und privaten Spenden.

Vor dem Torhaus befindet sich der "Ehrenhain der deutschen Jugendbewegung", in welchem Menschen, die sich besonders um die Jugendbewegung verdient gemacht haben, mit einem Gedenkstein geehrt werden.

Der Nerother Wandervogel ist ein reiner Jungenbund im Geiste des Wandervogelgründers Karl Fischer. Gegliedert ist der Bund in autonome "Orden", die wiederum aus einzelnen "Fähnlein" bestehen. Der Ordensritter schafft sich seinen Orden und benennt ihn nach dessen besonderer Eigenart. Einzigartig ist, dass sich die Orden nicht nach geographischer Nähe gliedern, wie Stämme bei den Pfadfindern, sondern dass sich einzelne Fähnlein dem Orden anschließen, zu dessen besonderer Eigenart sie sich hingezogen fühlen oder einen eigenen Orden gründen, um ihre besondere Eigenart leben zu können.

Als erste Gründungshandlung gilt ein Treffen von acht Wandervögeln in der Silvesternacht 1919/20 in der Mühlsteinhöhle oberhalb des Eifeldörfchens Neroth auf dem sogenannten Nerother Kopf, obwohl die eigentliche Gründung erst am 27. März 1921 auf Burg Drachenfels bei Busenberg/Pfalz erfolgte. Das blaue Tuch mit dem silbernen Wildschwan darauf wurde zum Bundeszeichen erklärt. Die Farbe der Freundschaft und die Farbe der Treue, Rot und Blau wurden die Bundesfarben des Nerother Wandervogels, was sich in den Nerother Samtbaretts äußert.

Gedenkstein auf dem Nerother Kopf
Mühlsteinhöhle auf dem Nerother Kopf

Zeitlicher Abriß und Daten

1919/20 An Silvester, gründen die beiden Zwillingsbrüder Robert und Karl Oelbermann mit Freunden auf dem Nerother Kopf bei Gerolstein/Eifel den Geheimbund „Nerommenbund“. Robert Oelbermann wird ihr Führer. Ein Jahr später nennen sie sich „Nerother Wandervogel. Deutscher Ritterbund“.

1922 Beginn des Baues einer Jugendburg im Hunsrück, es entsteht dort die erste Bauhütte.

1926 Fertiggestellung der erste Bauhütte als Fachwerkhaus

1930 Richtfest und fertiggestellung des Säulenhaus

1933 Sturmabteilung (SA) und Hitlerjugen (HJ) überfallen und besetzten die Waldeck am 18. Juni. Der NS-Regierungspräsident von Koblenz Harald Turner, ein Freund der Brüder Oelbermann, schickt ein Schutzstaffel (SS)- Kommando und beendet nach 10 Tagen die Besetzung.

1933 Um neue Angriffe auf die Burg zu Vermeiden, löste sich der Nerother Wandervogel in der Nacht vom 19/20. Juni '33 freiwillig auf.

1933 Im Oktober fuhr Robert Oelbermann nach Berlin um mit dem Reichsjugendführer der NSDAP Baldur von Schirach Verhandlungen aufzunehmen um das Weiterbesthen der Jugendburg zu sichern. Die Verhandlungen blieben aber ohne Erfolg.

1934 Um Gebäude und Gelände der Waldeck den Nazis zu entziehen, gründet Robert die Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck e.V.; ein Jahr später muss sie aufgelöst werden.

1935 Am 19. Juni rüstet Karl Oelbermann zur einer Afrikafahrt, keiner konnte ahnen das es ein Abschied von seinem Bruder Robert für immer war.

1936 Der Nerother Wandervogel wird offiziell verboten. Zahlreiche Nerother Gruppen blieben illegal zusammen und trafen sich zu Heimabenden und Fahrten.

1936 Im Februar, verhaftung von Robert Oelbermann im Zuge der Aktion "Vernichtung Bündischer Reste"

1937 Der Reichsführer SS Heinrich Himmler ordnet die Beschlagnahme der Burg Waldeck an.

1941 Völlig geschwächt und ohne ärztliche Hilfe stirbt Robert Oelbermann, nach fünfjähriger Haft am 29.März, angeblich an einem „Versagen von Herz und Kreislauf bei Asthma und Ödemen“ im Konzentrationslager (KZ) Dachau.

1950 Karl Oelbermann, Zwillingsbruder von Robert, kommt aus der erzwungenen Emigration (Süd-Afrika) kurzfristig zurück und ihm wird die Bundesführung des nach 1945 neu erstandenen Jungenbundes angetragen

1950/51 In der Neujahrsnacht gründete Karl Oelbermann den Nerother Wandervogel neu. Oelbs Motto: "Als Männer wollen wir gestalten, was wir als Jugendtraum geschaut."

1951 zweite Afrika-Fahrt von Karl Oelbermann;. die Nerother Transafrika-Film-Expedition.

1954 Endgültige Rückkehr Karl Oelbermanns aus Süd-Afrika.(1) Abermals Beginn des Jugendburgbaues und Fortsetzung von Großfahrten im In- und Ausland

1963 hat sich der Bund wieder voll entfaltet. Er ist fast über die ganze Bundesrepublik und West- Berlin verbreitet. Auf Burg Waldeck besitzt er Grundstücke, die zusammen mehr als hundert Morgen ausmachen.

1970 50-Jahrfeier Nerother Bund und Richtfest des ersten Gebäudes (sogenannter Westflügel, heute Diensthaus) der Rheinischen Jugendburg Waldeck

1974 Karl Oelbermann stirbt auf Burg Waldeck, der Bund beruft Fritz-Martin Schulz (genannt "FM") als Nachfolger. Mit ihm beginnen die großen Amerikafahrten der Nerother. FM führt den Bund noch heute

1986 Die als "Bastion" bezeichnete Ruine wird nach langem Ringen Eigentum des Nerother Wandervogel. Im gleichen Jahr Richtfest der Jungenbleibe als zweites Gebäude der Oberburg

1990 Das Torhaus als drittes Gebäude wird fertiggestellt

1998 Fertigstellung einer Burg-Kapelle als viertes Gebäude der Rheinischen Jugendburg

2009 30. bundesoffizielle Amerikafahrt des Nerother Wandervogel

Bekannte Mitglieder

Literatur

  • Arnold Nolden: Auf Schiffen, Schienen, Pneus. Verlag Volksverband Berlin,1930.
  • Paul Jordan: Mit Kompass und Karte durch den Balkan, Union Deutsche Verlagsgesellschaft, 1930.
  • Paul Jordan: Mit Barett und bunter Mütze. 1931.
  • Hans Queling: Sechs Jungens tippeln nach Indien. Societäts-Verlag, Frankfurt a.M. 1931
  • Hans Queling: Sechs Jungens tippeln zum Himalaja. Societäts-Verlag, Frankfurt a.M. 1933
  • DURCH SÜDAMERIKA, Erlebnisse und Eindrücke auf einer Fahrt des Nerother Bundes um die Welt, Selbstverlag: Nerother Bund, 1932.
  • Karl Mohri: Afrikanische Reise, Siebert Verlag, Berlin 1938.
  • Drei Deutsche mit dem JEEP durch AFRIKA 1951/52; zweite Afrika-Fahrt von Karl Oelbermann;.Reisebericht der Nerother Transafrika-Film-Expedition; Herbert Kaufmann; Büchergilde Gutenberg 1954 Frankfurt.
  • Kurt Hoppstädter: Burg und Schloß Waldeck, Ein geschichtlicher Rückblick, Nerother Eigenverlag 1957
  • Endlos sind jene Strassen / Nerother Wandervogel. Bildbroschüre; 11, (Hrsg.: Horst Fritsch) Südmarkverlag 1980
  • Gerhard Ziemer: Der Wandervogel und Zum politischen Standort der historischen Jugendbewegung. Selbstverlag Nerother Wandervogel, Dorweiler 1984
  • Werner Helwig: Nerothane Balladen : 1926 - 1932. Selbstverlag Nerother Wandervogel, Dorweiler 1984
  • Werner Helwig: Die Blaue Blume des Wandervogels. Vom Aufstieg, Glanz und Sinn einer Jugendbewegung. Überarbeitete Neuausgabe mit einem Bildanhang, Herausgeber: Walter Sauer. Spurbuchverlag, Baunach 1998, ISBN 978-3-88778-208-5
  • Werner Helwig: Die Geheimnisse des Baybachtales. Hrsg. von Fritz-Martin Schulz. Spurbuchverlag, Baunach 2001, ISBN 978-3-88778-231-3
  • Werner Kindt: Dokumentation der Jugendbewegung. Band 3: Die deutsche Jugendbewegung 1920 bis 1933. Die Bündische Zeit. Diederichs, Düsseldorf 1974. ISBN 3-424-00527-4
  • Stefan Krolle: Bündische Umtriebe: Geschichte des Nerother Wandervogels vor und unter dem NS-Staat; ein Jugendbund zwischen Konformität und Widerstand. 2. Auflage. Lit, Münster 1986. ISBN 3-88660-051-3
  • Stefan Krolle: Musisch-kulturelle Etappen der deutschen Jugendbewegung von 1919-1964. Lit, Münster 2004. ISBN 3-8258-7642-X
  • Nerohm (Fritz-Martin Schulz): Die letzten Wandervögel. Burg Waldeck und die Nerother. Geschichte einer Jugendbewegung. Spurbuchverlag, Baunach 2002. ISBN 978-3-88778-197-2
  • Hotte Schneider: „Die Waldeck – Lieder Fahrten Abenteuer.“ Spurbuchverlag, Baunach 2015, ISBN 978-3-88778-449-2
  • Fritz-Martin Schulz: Von der Straße geworben. Spurbuchverlag, Baunach 2007. ISBN 978-3-88778-310-5
  • Norbert Schwarte, Stefan Krolle (Hrsg.): „Wer Nerother war, war vogelfrei:“ Dokumente zur Besetzung der Burg Waldeck und zur Auflösung des Nerother Wandervogels im Juni 1933. Puls 20, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag der Jugendbewegung, Stuttgart 2002. ISSN 0342-3328
  • Der Herold, Bundesschrift der Nerother

Einzelnachweise

  • (1) Nerother Rundbreif Nr.: 30; Seite 1; vom 24.04.1966.

Weblinks

Weitere Weblinks