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Version vom 11. Juli 2008, 15:45 Uhr
Der Nerother Wandervogel (NWV) (Korporatives Mitglied im Bund zur Errichtung der rheinischen Jugendburg e.V) gilt als einer der letzten bestehenden Bünde, die der historischen Jugendbewegung entstammen. Er hat seinen Sitz auf Burg Waldeck bei Dorweiler/Hunsrück.
Der NWV ist bekannt für die Abenteuerlichkeit seiner Fahrten, die den zugehörigen Jungen frühe Welterfahrung geben. Im Bereich des volksliedhaften Singens sind seine Gruppen auch in der Gegenwart noch prägend für das Liedgut in entsprechenden Bünden und Verbänden. Der Bund hat als Mittelpunkt eine eigene Burg gebaut, unter Ablehnung öffentlicher Zuschüsse, nur mit eigener Arbeitskraft und privaten Spenden.
Vor dem Torhaus befindet sich der "Ehrenhain der deutschen Jugendbewegung", in welchem Menschen, die sich besonders um die Jugendbewegung verdient gemacht haben, mit einem Gedenkstein geehrt werden.
Der Nerother Wandervogel ist ein reiner Jungenbund im Geiste des Wandervogelgründers Karl Fischer.
Gegliedert ist der Bund in autonome "Orden", die wiederum aus einzelnen "Fähnlein" bestehen. Der Ordensritter schafft sich seinen Orden und benennt ihn nach dessen besonderer Eigenart. Einzigartig ist, dass sich die Orden nicht nach geographischer Nähe gliedern, wie Stämme bei den Pfadfindern, sondern dass sich einzelne Fähnlein dem Orden anschließen, zu dessen besonderer Eigenart sie sich hingezogen fühlen oder einen eigenen Orden gründen, um ihre besondere Eigenart leben zu können.
Als erste Gründungshandlung gilt ein Treffen von acht Wandervögeln in der Silvesternacht 1919/20 in der Mühlsteinhöhle oberhalb des Eifeldörfchens Neroth auf dem sogenannten Nerother Kopf, obwohl die eigentliche Gründung erst am 27. März 1921 auf Burg Drachenfels bei Busenberg/Pfalz erfolgte. Das blaue Tuch mit dem silbernen Wildschwan darauf wurde zum Bundeszeichen erklärt. Die Farbe der Freundschaft und die Farbe der Treue, Rot und Blau wurden die Bundesfarben des Nerother Wandervogels, was sich in den Nerother Samtbaretts äußert.
Zeitlicher Abriß und Daten
1921 Gründung des Nerother Wandervogel durch Robert Oelbermann. Beginn des Baues einer Jugendburg im Hunsrück und Beginn vieler Auslandsfahrten mit Abenteuercharakter
1933 Erzwungene Auflösung des Nerother Wandervogel durch den nationalsozialistischen Staat
1936 Verhaftung von Robert Oelbermann im Zuge der Aktion "Vernichtung Bündischer Reste"
1941 Robert Oelbermann stirbt im Konzentrationslager Dachau
1951 Karl Oelbermann, Zwillingsbruder von Robert Oelbermann, kommt aus der erzwungenen Emigration (Süd-Afrika) zurück und ihm wird die Bundesführung des ab 1945 neu erstandenen Jungenbundes angetragen
1954 Abermals Beginn des Jugendburgbaues und Fortsetzung von Jugendwanderungen im In- und Ausland
1970 Richtfest des ersten Gebäudes (Diensthaus) der Rheinischen Jugendburg Waldeck
1974 Karl Oelbermann stirbt auf Burg Waldeck, der Bund beruft Fritz-Martin Schulz (genannt FM) als Nachfolger. FM führt den Bund noch heute
1986 Richtfest der Jungenbleibe als zweites Gebäude
1998 Fertigstellung einer Burg-Kapelle als viertes Gebäude der Rheinischen Jugendburg
Bekannte Mitglieder
- Karl Fischer (Mitbegründer und Führer des Wandervogel), Ehrenmitglied
- Alfons Hamm (trenk) (Liedschöpfer, Bundesgründer des Zugvogel 1953. Schöpfer der Liedreihe Silberspring)
- Manfred Hausmann (Schriftsteller), Ehrenmitglied
- Werner Helwig (Schriftsteller und Liedschöpfer)
- Kurt Heerklotz (keh) (Liedschöpfer)
- Dietrich Hespers (Dirk) (Schriftsteller, Liedschöpfer)
- Kurt Kremers (turi) (Liedschöpfer)
- Otto Leis (ottsch) (Liedschöpfer)
- Paul Leser (Mitgründer des Bundes; Anthropologe und Ethnologe)
- Felix Graf von Luckner (Seeoffizier, Schriftsteller), Ehrenmitglied
- Karl Mohri (Kameramann, Regisseur, Filmemacher) (1906-1978)
- Karl Oelbermann (Bundesführer)
- Robert Oelbermann (Bundesgründer, Bundesführer)
- Rudi Rogoll (Liedschöpfer)
- Heiner Rothfuchs (Grafiker, Buchillustrator)
- Wilhelm Sell (Arzt, Liedschöpfer)
- Jürgen Sesselmann (mayer) (Liedschöpfer)
- Alexej Stachowitsch (Autor, Pädagoge, Philosoph, Techniker, Liedschöpfer)
- Alfred Toepfer (Unternehmer und Pionier des Landschafts- und Naturschutzes), Ehrenmitglied
- Alf Zschiesche (Lehrer, Liedschöpfer)
Literatur
- Werner Helwig: Die Blaue Blume des Wandervogels. Überarbeitete Neuausgabe. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 1998. ISBN 3-88778-208-9
- Werner Kindt: Dokumentation der Jugendbewegung. Band 3: Die deutsche Jugendbewegung 1920 bis 1933. Die Bündische Zeit. Diederichs, Düsseldorf 1974. ISBN 3-424-00527-4
- Stefan Krolle: Bündische Umtriebe: Geschichte des Nerother Wandervogels vor und unter dem NS-Staat; ein Jugendbund zwischen Konformität und Widerstand. 2. Auflage. Lit, Münster 1986. ISBN 3-88660-051-3
- Stefan Krolle: Musisch-kulturelle Etappen der deutschen Jugendbewegung von 1919-1964. Lit, Münster 2004. ISBN 3-8258-7642-X
- Karl Mohri, Afrikanische Reise, Siebert Verlag, Berlin 1938
- Nerohm (Fritz-Martin Schulz): Die letzten Wandervögel. 2. Auflage. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 2002. ISBN 3-88778-197-X
- Hotte Schneider: Die Waldeck. Lieder – Fahrten – Abenteuer. Die Geschichte der Burg Waldeck von 1911 bis heute. Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2005. ISBN 3-935035-71-3
- Fritz-Martin Schulz: Von der Straße geworben. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 2007. ISBN 978-3-88778-310-5
- Norbert Schwarte, Stefan Krolle (Hrsg.): „Wer Nerother war, war vogelfrei:“ Dokumente zur Besetzung der Burg Waldeck und zur Auflösung des Nerother Wandervogels im Juni 1933. Puls 20, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag der Jugendbewegung, Stuttgart 2002. ISSN 0342-3328
- Gerhard Ziemer: Der Wandervogel und Zum politischen Standort der historischen Jugendbewegung. Selbstverlag Nerother Wandervogel, Dorweiler 1984
Weblinks
- Homepage des Nerother Wandervogel
- Nerother Wandervogel (Wikipedia-Artikel)
- Die Söhne der Windrose – Teil 1 und Teil 2 – Zur Geschichte des NWV bis zum Verbot im Dritten Reich
- „Staatsgefährdende Umtriebe" im Remagener Calmuth-Tal – Zum Verbot des NWV