Prinzip von Klein- und Großgruppe

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Das Prinzip von Klein- und Großgruppe ist ein Organisationsprinzip der Gruppenpädagogik, das auch bei vielen Pfadfindergruppen Anwendung findet. Es ermöglicht zielgerichtete Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen und lehrt den Umgang mit Demokratie. Dabei kann die Kleingruppenbildung eine vorübergehende Einteilung zur Erledigung einer bestimmten Aufgabe (z.B. im Rahmen eines Projektes oder einer Streife) sein oder dauerhaft. Im zweiten Fall überschneidet sich das Prinzip von Klein- und Großgruppe mit dem Prinzip der Mitgliedschaft in kleinen Gruppen der Pfadfindermethode in der Weltpfadfinderbewegung.

Grundlagen

Jede Gruppe in einer Altersstufe kann (ab ca. 10 Kindern bzw. Jugendlichen) in dauerhaft bestehende Kleingruppen unterteilt werden. Es bieten sich Gruppen ab 4 bis 5 Personen an. Somit kann es z.B. bei einer Wölflingsmeute mit 20 Kindern drei bis vier Kleingruppen - Rudel genannt - geben.

In der Kleingruppe werden Inhalte besprochen, Aufgaben erledigt oder Entscheidungen getroffen. Die Rückkopplung zur Großgruppe erfolgt durch gewählte Sprecher (z.B. Leitwölfe bei der Wölflingsstufe), die die Ergebnisse ihrer Kleingruppe im Plenum vorbringen. Umgekehrt bringen sie auch die Vorschläge der Großgruppe in ihre Kleingruppe.

Die Bezeichnungen für die Groß- und Kleingruppe sowie die Sprecher der Kleingruppensprecher ist bei jeder Stufe anders.

Stufe Großgruppe Kleingruppe Kleingruppensprecher
Wölflinge Meute Rudel Leitwolf
Jungpfadfinder Trupp Sippe Kornett
Pfadfinder Trupp Runde Rundensprecher
Rover Runde Rundensprecher

Durch die Wahl eines Sprechers lernen die Kinder aktiv wie Demokratie funktioniert. Die Sprecher selbst können sich erproben, wenn es darum geht, die Meinung der Kleingruppe im Plenum zu vertreten bzw. die Ergebnisse des Plenums wieder zurück zu tragen in die Kleingruppe. Häufig werden die Sprecher auch als Delegierte zur Stammesversammlung bzw. -thing herangezogen. Dadurch müssen Inhalte, die dort beschlossen werden bzw. Wahlen, die durchgeführt werden, vorher mit der Großgruppe besprochen werden. Dies ermöglicht einerseits, dass auch die Kleinsten vom Stammesgeschehen in ihrer Sprache etwas mitbekommen und andererseits, dass ihre Meinung durch ihre eigenen Delegierten auf der Versammlung angesprochen wird. Die Delegierten ihrerseits lernen damit mit ihrer Rolle als Sprecher umzugehen, da sie ja nicht ihre eigene, persönliche Meinung, sondern die der Gruppe vertreten.

Innerhalb der Projektmethode besteht eine Kleingruppe für die gesamte Dauer des Projekts. Aber auch einfache Vorbereitungsmaßnahmen (z.B. ein Stand bei einem Pfarrfest) können durch Kleingruppen, die sich für eine Gruppenstunde zusammenfinden, effektiver bearbeitet werden.

Für die Leitungsteams bedeutet das Prinzip von Klein- und Großgruppe nicht unbedingt Mehrarbeit. Wenn je eine Leitungskraft in einer Kleingruppe sein kann (dies kann auch zur Orientierung der Anzahl der Kleingruppen dienen) ist die Arbeit meist entspannter und leichter als im Plenum. Lediglich die Methoden und verwendeten Medien müssen multipliziert werden.

Wirkung der Kleingruppe

In der Kleingruppe haben die Mitglieder die Möglichkeit, sich besser kennen zu lernen. Sie bietet dadurch einen stärkeren Rückhalt, ermöglicht Stärkung und so eine bessere Wertschätzung der einzelnen Person. In den Kleingruppen können Inhalte wesentlich besser erarbeitet werden, alle Kinder zu Wort kommen, Themen intensiv diskutiert werden, Entscheidungen sehr transparent getroffen werden und Reflexionen eingehender durchgeführt werden.

Es ist leichter die eigenen Interessen zu vertreten, da man nicht gleich der großen Gruppe gegenüber steht. Die Kinder erfahren in diesem kleinen geschützten Raum, wie sie besser miteinander umgehen können, dass jeder eine Meinung hat und diese auch äußern soll, keiner übergangen wird, keiner ausgegrenzt wird, und wie sie gemeinsam auftreten können.

Eine länger bestehende Kleingruppe entwickelt eine eigene Identität. Sie gibt sich einen Namen, erhält Gestaltungsmöglichkeiten (z.B. in einem eigenen Raum oder Teil der Wand) und wächst so zusammen und bildet ein eigenes Selbstbewußtsein. Der Einzelne kann sich hier mit seinen Fähigkeiten einbringen. Da die Gruppe klein ist, kommt es auf jeden an, jeder wird gebraucht.

Fachleuteprinzip

Das Fachleuteprinzip ist eng mit der Idee der Kleingruppen verknüpft. Die Idee ist für jedes Mitglied der Kleingruppe eine Aufgabe zu definieren und ihm die Verantwortung dafür zu übertragen. Das ist eine der wichtigsten Ideen von Baden Powell gewesen. Er hat, völlig im Gegensatz zu der zu seiner Zeit vorherrschenden Meinung, Jugendlichen Aufgaben und die Verantwortung für ihre Durchführung übertragen. Dass dieses Prinzip mit Erwachsenen funktioniert, hatte er in seiner Militärzeit entdeckt.

Seit seiner Zeit hat sich daran nicht allzu viel geändert. Auch heute wird Kindern und Jugendlichen oft im Detail vorgeschrieben, was sie zu tun oder zu lassen haben (z.B. in der Schule), oder sie sollen zwar Verantwortung übernehmen, bekommen aber keinen Handlungsspielraum zugebilligt und vor allem keine Hilfestellung (ist nicht gleich Kontrolle!).

Am Beispiel eines Jungpfadfindertrupps dessen Leben sich stark um Lager und Fahrt dreht, können in einer Kleingruppe z.B. Aufgaben wie die des Kornett (=Kleingruppensprecher), Materialwart, Kassenführer, Koch, 1.-Hilfe-Spezialist, Chronist (führt das Sippentagebuch) und viele mehr besetzt werden. Entscheidend ist, dass wirklich jeder eine Aufgabe hat, die ihn herausfordert, aber nicht überfordert; die das Gefühl gibt, dass es auf seine Mitarbeit ankommt. Durch die Zuteilung von solchen Aufgabenbereichen, vor allem im Rahmen von Lagern und Fahrten, entwickeln die Kinder und Jugendlichen ihre Fähigkeiten weiter und lernen Verantwortung für sich und die Kleingruppe zu übernehmen.

Kleingruppenbildung

Für die Bildung von Kleingruppen gibt es keine Patentrezepte. Abhängig von Dauerhaftigkeit und Ziel der Kleingruppe kann die Einteilung auf unterschiedliche Weise geschehen. Die Leitung sollte nur dann Vorgaben machen, wenn dies zur Erreichung von Zielen notwendig ist.

Sollen sich die Kleingruppen selbstständig finden, ist es wichtig, dass sich die beteiligten Personen kennen lernen können. Dies wird - je nach Alter - unterschiedlich dauern.

Wenn in einer Gruppe neue Kleingruppen eingeteilt werden, müssen sich Leiter und Gruppenmitglieder gut überlegen, nach welchen Kriterien das geschehen soll. Mögliche Kriterien sind:

  • Sollen die etwas Älteren und die etwas Jüngeren in verschiedene Gruppen, damit die Jüngeren mehr Chancen haben ihren eigenen Weg zu entdecken; oder gerade nicht, damit in allen Gruppen die Jüngern von den Älteren lernen können?
  • Sollen die "Wilden" von den "Braven" getrennt sein, damit die "Braven" nicht immer von den "Wilden" dominiert werden; oder gerade nicht, damit diese Strukturen durchbrochen werden?
  • Sollen die Gruppen nach Geschlechtern getrennt sein, damit sowohl die Mädchen als auch die Jungen einen gewissen Freiraum für ihre Interessen bekommen; oder sollen sie gerade gemischt sein, damit sie den Umgang miteinander im überschaubaren Feld der Kleingruppe leichter lernen können?
  • Sollen die "Besten Freunde" zusammen in eine Kleingruppe; oder gerade nicht, damit sie auch mal Andere besser kennen lernen ?

In jedem Fall ist es notwendig, sich als Leitungsteam die Gruppe sehr genau anzusehen und zu überlegen wo Defizite oder Probleme bestehen und in welche Richtung man gerne Chancen bieten und Veränderungen bewirken möchte. Deshalb kann es keine Regeln geben die immer auf alle Gruppen zutreffen, da jede Gruppe anders ist.

Die Kleingruppen, die nicht nur vorübergehend eingeteilt werden, bestehen üblicherweise über lange Zeit und die Mitglieder, die neu in eine Gruppe eintreten werden einer Kleingruppe zugeordnet. So bestehen die Kleingruppen oft über Jahre, auch wenn die ursprünglichen Mitglieder die Gruppe schon lange verlassen haben und neue Mitglieder aus der nächst jüngeren Stufe oder als Neu- und Quereinsteiger dazu gekommen sind.