Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Die '''Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck''' (abgekürzt '''ABW''') ist ein gemeinnütziger Verein, der, aus dem Geist der Jugendbewegung entstanden, gegenwärtig eine Bildungs- und Jugendfreizeiteinrichtung bei Dorweiler (Hunsrück) unterhält. Die ABW war unter anderem Initiator der [[Burg Waldeck]] | + | Die '''Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck''' (abgekürzt '''ABW''') ist ein gemeinnütziger Verein, der, aus dem Geist der Jugendbewegung entstanden, gegenwärtig eine Bildungs- und Jugendfreizeiteinrichtung bei Dorweiler (Hunsrück) unterhält. Die ABW war unter anderem Initiator der [[Burg Waldeck-Festivals]] und des [[Peter Rohland]]-Singewettstreits. |
== Geschichte == | == Geschichte == | ||
− | Um das Gelände des [[Nerother Wandervogel]]s vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu bewahren, wurde 1934 der damalige Trägerverein aufgelöst und als „Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck zur Errichtung eines Ehrenmals für die gefallenen Helden e.V.“ (ABW) neu gegründet. Ab 1935 wurde das Gelände von der Regierung zwangsverwaltet. Der Verein wurde 1948 reaktiviert; statt des früheren Ziels (Neuaufbau einer großen Jugendburg) sollten Gelände und Häuser nun „der Jugend in vielfältigen Erscheinungsformen dienen und eine offene Heimstatt werden“ und musische Aktivitäten und Völkerverständigung fördern. | + | Um das Gelände des [[Nerother Wandervogel]]s vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu bewahren, wurde 1934 der damalige Trägerverein aufgelöst und als „Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck zur Errichtung eines Ehrenmals für die gefallenen Helden e.V.“ (ABW) neu gegründet. Ab 1935 wurde das Gelände von der Regierung zwangsverwaltet. Der Verein wurde 1948 reaktiviert; statt des früheren Ziels (Neuaufbau einer großen [[Jugendburg]]) sollten Gelände und Häuser nun „der Jugend in vielfältigen Erscheinungsformen dienen und eine offene Heimstatt werden“ und musische Aktivitäten und Völkerverständigung fördern. |
Als [[Karl Oelbermann]] 1950 aus dem afrikanischen Exil zurückkehrte, wurde er zum Vorsitzenden der ABW gewählt. Während er auf einer dreijährigen Filmexpedition in Afrika war, wurde die Waldeck zum Treffpunkt vieler Autoren (z.B. Vitalis Pantenburg und [[Werner Helwig]]), Künstler und Musiker (u.a. Walter Gerwig und Sepp Gregor) und Jugendlichen aus den Nachkriegsbünden; es entstanden Kulturfilme und es wurden auf dem Gelände weitere Häuser und Hütten errichtet. Nach seiner Rückkehr akzeptierte Karl Oelbermann zunächst die inzwischen entstandene Vielfalt und unterzeichnete gemeinsam mit dem Sprecher der auf der Waldeck engagierten [[Jungenschaft]]sgruppen Rolf Gekeler (Gockel) ein Dokument über die Gleichwertigkeit aller Jugendbünde. Viele Nerother waren gegen die ABW und für eine Nerother Alleinbestimmung auf Burg Waldeck. | Als [[Karl Oelbermann]] 1950 aus dem afrikanischen Exil zurückkehrte, wurde er zum Vorsitzenden der ABW gewählt. Während er auf einer dreijährigen Filmexpedition in Afrika war, wurde die Waldeck zum Treffpunkt vieler Autoren (z.B. Vitalis Pantenburg und [[Werner Helwig]]), Künstler und Musiker (u.a. Walter Gerwig und Sepp Gregor) und Jugendlichen aus den Nachkriegsbünden; es entstanden Kulturfilme und es wurden auf dem Gelände weitere Häuser und Hütten errichtet. Nach seiner Rückkehr akzeptierte Karl Oelbermann zunächst die inzwischen entstandene Vielfalt und unterzeichnete gemeinsam mit dem Sprecher der auf der Waldeck engagierten [[Jungenschaft]]sgruppen Rolf Gekeler (Gockel) ein Dokument über die Gleichwertigkeit aller Jugendbünde. Viele Nerother waren gegen die ABW und für eine Nerother Alleinbestimmung auf Burg Waldeck. | ||
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Es kam zu einem zwanzigjährigen Rechtsstreit zwischen der ABW und dem Nerother Bund um das Eigentum des Waldecker Geländes, der auch einige Male während der Waldeck-Festivals zu Störungen und Beschädigungen der Veranstaltungen ausartete. Alle Vermittlungsbemühungen scheiterten. Das Oberlandesgericht Zweibrücken stellte 1972 die ABW als rechtmäßigen Nachfolger des Vorkriegsvereins und alleinigen Eigentümer des Geländes fest, dies wurde vom angerufenen Bundesgerichtshof 1978 bestätigt. | Es kam zu einem zwanzigjährigen Rechtsstreit zwischen der ABW und dem Nerother Bund um das Eigentum des Waldecker Geländes, der auch einige Male während der Waldeck-Festivals zu Störungen und Beschädigungen der Veranstaltungen ausartete. Alle Vermittlungsbemühungen scheiterten. Das Oberlandesgericht Zweibrücken stellte 1972 die ABW als rechtmäßigen Nachfolger des Vorkriegsvereins und alleinigen Eigentümer des Geländes fest, dies wurde vom angerufenen Bundesgerichtshof 1978 bestätigt. | ||
− | Ein Arbeitskreis der ABW, dem auch Mitglieder der Jungenschaft angehörten, unter anderen der Sänger [[Peter Rohland]], organisierte 1964 auf dem Waldeck-Gelände das Festival „Chanson Folklore International – Junge Europäer singen“. [[Oss Kröher]], einer der ersten Beteiligten, bezeichnete die Initiative als eine Art „Bauhaus der Folklore“. Auf dem ersten Festival traten unter anderem neben Reinhard Mey, Franz Josef Degenhardt auch das schwedische Folkduo Hai und Topsy auf. Die steigende Besucherzahl überforderte schließlich die Veranstalter und die Ausuferung in revolutionär-politische Debatten beendete die Festivals 1969 endgültig. | + | [[Datei:Waldeck-Zuhörer 1968.JPG|thumb|Zuhörer auf dem Burg Waldeck-Festival Pfingsten 1968]] |
+ | Ein Arbeitskreis der ABW, dem auch Mitglieder der Jungenschaft angehörten, unter anderen der Sänger [[Peter Rohland]], organisierte 1964 auf dem Waldeck-Gelände das Festival „Chanson Folklore International – Junge Europäer singen“. [[Oss Kröher]], einer der ersten Beteiligten, bezeichnete die Initiative als eine Art „Bauhaus der Folklore“. Auf dem ersten Festival traten unter anderem neben Reinhard Mey, Franz Josef Degenhardt auch das schwedische Folkduo Hai und Topsy auf. Die steigende Besucherzahl überforderte schließlich die Veranstalter und die Ausuferung in revolutionär-politische Debatten beendete die [[Burg Waldeck-Festivals]] 1969 endgültig. | ||
== Die ABW heute == | == Die ABW heute == | ||
− | Der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck gehört ein großes Gelände mit einem Tagungs- und Seminarhaus. In mehreren Hütten, die zum Teil von Jugendbünden gebaut wurden (darunter eine fest vermietet an den [[Bund Deutscher PfadfinderInnen|BDP]] MTK), in zwei Gebäuden sowie auf einem Zeltplatz gibt es Übernachtungsmöglichkeiten; die jährliche Übernachtungszahl beträgt ca. 12 000. Regelmäßig finden Musik-Workshops, Seminare, Theaterwerkstätten und Tagungen statt. Über Pfingsten wird ein mehrtägiges Liederfest veranstaltet. Im Herbst findet seit 2000 mit einem Vorabendprogramm, das einem bekannten | + | Der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck gehört ein großes Gelände mit einem Tagungs- und Seminarhaus. In mehreren Hütten, die zum Teil von Jugendbünden gebaut wurden (darunter eine fest vermietet an den [[Bund Deutscher PfadfinderInnen|BDP]] MTK), in zwei Gebäuden sowie auf einem Zeltplatz gibt es Übernachtungsmöglichkeiten; die jährliche Übernachtungszahl beträgt ca. 12 000. Regelmäßig finden Musik-Workshops, Seminare, Theaterwerkstätten und Tagungen statt. Über Pfingsten wird ein mehrtägiges Liederfest veranstaltet. Im Herbst findet seit 2000 mit einem Vorabendprogramm, das einem bekannten [[Liedschöpfer]] der [[Jugendbewegung]] gewidmet ist, der [[Peter Rohland]]- [[Singewettstreit]] mit Wettbewerben in den Kategorien Einzel-, Ensemble- und Gruppengesang statt. Mitglieder der ABW sind unter anderen [[Arno Klönne]], Hai & Topsy, Hein und Oss Kröher, [[Erik Martin]] sowie [[Helmut König]]. |
== Literatur == | == Literatur == | ||
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* Hein & Oss Kröher: Rotgraue Raben. Vom Volkslied zum Folksong. Südmarkverlag, Heidenheim/Brenz 1969 | * Hein & Oss Kröher: Rotgraue Raben. Vom Volkslied zum Folksong. Südmarkverlag, Heidenheim/Brenz 1969 | ||
* Stefan Krolle: Musisch-kulturelle Etappen der deutschen Jugendbewegung von 1919-1964. Münster 2004, ISBN 3-8258-7642-X | * Stefan Krolle: Musisch-kulturelle Etappen der deutschen Jugendbewegung von 1919-1964. Münster 2004, ISBN 3-8258-7642-X | ||
− | * Hotte Schneider | + | * Hotte Schneider: „Die Waldeck – Lieder Fahrten Abenteuer.“ [[Spurbuchverlag]], Baunach 2015, ISBN 978-3-88778-449-2 |
== Eigene Zeitschriften == | == Eigene Zeitschriften == | ||
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* [http://www.peter-rohland-stiftung.de/artikel-article.articleid-8-Titel-Impressum.htm Peter-Rohland-Stiftung innerhalb der ABW] | * [http://www.peter-rohland-stiftung.de/artikel-article.articleid-8-Titel-Impressum.htm Peter-Rohland-Stiftung innerhalb der ABW] | ||
* [http://www.folker.de/200402/02waldeck.htm Hotte Schneider: „Chanson Folklore International – Junge Europäer singen. Vierzig Jahre Waldeck-Festivals“. In: „Folker“ Nr. 2/2004] | * [http://www.folker.de/200402/02waldeck.htm Hotte Schneider: „Chanson Folklore International – Junge Europäer singen. Vierzig Jahre Waldeck-Festivals“. In: „Folker“ Nr. 2/2004] | ||
+ | * [http://www.themen-der-zeit.de/content/Die_Burg_Waldeck_Mythos_und_Legende.1695.0.html Michael Mentzel: ''Die Burg Waldeck. Mythos und Legende''. Rezension des Films ''Die Waldeck'' (2012) von Gabi Heleen Bollinger] | ||
[[Kategorie:Unterkunft]] | [[Kategorie:Unterkunft]] |
Aktuelle Version vom 10. November 2016, 10:16 Uhr
Die Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck (abgekürzt ABW) ist ein gemeinnütziger Verein, der, aus dem Geist der Jugendbewegung entstanden, gegenwärtig eine Bildungs- und Jugendfreizeiteinrichtung bei Dorweiler (Hunsrück) unterhält. Die ABW war unter anderem Initiator der Burg Waldeck-Festivals und des Peter Rohland-Singewettstreits.
Geschichte
Um das Gelände des Nerother Wandervogels vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu bewahren, wurde 1934 der damalige Trägerverein aufgelöst und als „Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck zur Errichtung eines Ehrenmals für die gefallenen Helden e.V.“ (ABW) neu gegründet. Ab 1935 wurde das Gelände von der Regierung zwangsverwaltet. Der Verein wurde 1948 reaktiviert; statt des früheren Ziels (Neuaufbau einer großen Jugendburg) sollten Gelände und Häuser nun „der Jugend in vielfältigen Erscheinungsformen dienen und eine offene Heimstatt werden“ und musische Aktivitäten und Völkerverständigung fördern.
Als Karl Oelbermann 1950 aus dem afrikanischen Exil zurückkehrte, wurde er zum Vorsitzenden der ABW gewählt. Während er auf einer dreijährigen Filmexpedition in Afrika war, wurde die Waldeck zum Treffpunkt vieler Autoren (z.B. Vitalis Pantenburg und Werner Helwig), Künstler und Musiker (u.a. Walter Gerwig und Sepp Gregor) und Jugendlichen aus den Nachkriegsbünden; es entstanden Kulturfilme und es wurden auf dem Gelände weitere Häuser und Hütten errichtet. Nach seiner Rückkehr akzeptierte Karl Oelbermann zunächst die inzwischen entstandene Vielfalt und unterzeichnete gemeinsam mit dem Sprecher der auf der Waldeck engagierten Jungenschaftsgruppen Rolf Gekeler (Gockel) ein Dokument über die Gleichwertigkeit aller Jugendbünde. Viele Nerother waren gegen die ABW und für eine Nerother Alleinbestimmung auf Burg Waldeck.
Es kam zu einem zwanzigjährigen Rechtsstreit zwischen der ABW und dem Nerother Bund um das Eigentum des Waldecker Geländes, der auch einige Male während der Waldeck-Festivals zu Störungen und Beschädigungen der Veranstaltungen ausartete. Alle Vermittlungsbemühungen scheiterten. Das Oberlandesgericht Zweibrücken stellte 1972 die ABW als rechtmäßigen Nachfolger des Vorkriegsvereins und alleinigen Eigentümer des Geländes fest, dies wurde vom angerufenen Bundesgerichtshof 1978 bestätigt.
Ein Arbeitskreis der ABW, dem auch Mitglieder der Jungenschaft angehörten, unter anderen der Sänger Peter Rohland, organisierte 1964 auf dem Waldeck-Gelände das Festival „Chanson Folklore International – Junge Europäer singen“. Oss Kröher, einer der ersten Beteiligten, bezeichnete die Initiative als eine Art „Bauhaus der Folklore“. Auf dem ersten Festival traten unter anderem neben Reinhard Mey, Franz Josef Degenhardt auch das schwedische Folkduo Hai und Topsy auf. Die steigende Besucherzahl überforderte schließlich die Veranstalter und die Ausuferung in revolutionär-politische Debatten beendete die Burg Waldeck-Festivals 1969 endgültig.
Die ABW heute
Der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck gehört ein großes Gelände mit einem Tagungs- und Seminarhaus. In mehreren Hütten, die zum Teil von Jugendbünden gebaut wurden (darunter eine fest vermietet an den BDP MTK), in zwei Gebäuden sowie auf einem Zeltplatz gibt es Übernachtungsmöglichkeiten; die jährliche Übernachtungszahl beträgt ca. 12 000. Regelmäßig finden Musik-Workshops, Seminare, Theaterwerkstätten und Tagungen statt. Über Pfingsten wird ein mehrtägiges Liederfest veranstaltet. Im Herbst findet seit 2000 mit einem Vorabendprogramm, das einem bekannten Liedschöpfer der Jugendbewegung gewidmet ist, der Peter Rohland- Singewettstreit mit Wettbewerben in den Kategorien Einzel-, Ensemble- und Gruppengesang statt. Mitglieder der ABW sind unter anderen Arno Klönne, Hai & Topsy, Hein und Oss Kröher, Erik Martin sowie Helmut König.
Literatur
- Werner Helwig: Auf der Knabenfährte. Ein Erinnerungsbuch. Konstanz/Stuttgart 1951
- Michael Kleff (Hrsg.): Die Burg Waldeck Festivals 1964–1969. Chansons Folklore International. Bear Family, Hambergen 2008, ISBN 978-3-89916-394-0
- Hein & Oss Kröher: Rotgraue Raben. Vom Volkslied zum Folksong. Südmarkverlag, Heidenheim/Brenz 1969
- Stefan Krolle: Musisch-kulturelle Etappen der deutschen Jugendbewegung von 1919-1964. Münster 2004, ISBN 3-8258-7642-X
- Hotte Schneider: „Die Waldeck – Lieder Fahrten Abenteuer.“ Spurbuchverlag, Baunach 2015, ISBN 978-3-88778-449-2
Eigene Zeitschriften
- Der wohltemperierte Baybachbote. Intelligenzblatt der ABW für die „Bündischen“ von gestern und heute. (Ab Heft 11: Der „Wohltemperierte“ Baybachbote. Mitteilungsblatt der ABW für die „Bündischen“ von gestern und heute). Dorweiler, Ausgaben 1955 bis 1984
- Köpfchen. Ausblicke, Einblicke, Rückblicke. Mitteilungsblatt der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck. Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck, Dorweiler, Ausgaben 1985 bis heute
Weblinks
- Website der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck
- Peter-Rohland-Stiftung innerhalb der ABW
- Hotte Schneider: „Chanson Folklore International – Junge Europäer singen. Vierzig Jahre Waldeck-Festivals“. In: „Folker“ Nr. 2/2004
- Michael Mentzel: Die Burg Waldeck. Mythos und Legende. Rezension des Films Die Waldeck (2012) von Gabi Heleen Bollinger