Bündisch und Scoutistisch: Unterschied zwischen den Versionen
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− | '''Bündisch''' bezeichnet eine besondere Form des Zusammenlebens in Gruppen oder eben echten ''Bünden''. Der Versuch, diesen Begriff vom Scoutismus zu trennen, gelingt nur auf einer philosophischen Ebene. Das ''Pfadfinderische'' beruht auf ''Kameradschaft'' und damit auf der Vernunft, das ''Bündische'' aber beruht auf der ''Freundschaft'' und damit auf der Liebe. Eine Konsequenz daraus lautet, dass Pfadfinder bei mangelnder Emotion für den Kameraden unbeeinflusst bleiben, während sich bündische Gruppen von einem solchen Mitglied trennen; sogar trennen müssen. | + | '''Bündisch''' bezeichnet eine besondere Form des Zusammenlebens in Gruppen oder eben echten ''Bünden''. Der Versuch, diesen Begriff vom '''Scoutismus''' zu trennen, gelingt nur auf einer philosophischen Ebene. Das ''Pfadfinderische'' beruht auf ''Kameradschaft'' und damit auf der Vernunft, das ''Bündische'' aber beruht auf der ''Freundschaft'' und damit auf der Liebe. Eine Konsequenz daraus lautet, dass Pfadfinder bei mangelnder Emotion für den Kameraden unbeeinflusst bleiben, während sich bündische Gruppen von einem solchen Mitglied trennen; sogar trennen müssen. |
''Bündische'' bilden seedukative (gleichgeschlechtliche) Gruppen, die sich in Freundschaft verbunden sind und sich in ihrer Zusammensetzung kaum ändern. Ein [[Stufenwechsel]], wie er bei Pfadfindern üblich ist, ist damit ausgeschlossen. Neu gekeilte Mitglieder lernen von den anderen, wobei der Führer meist ein ''primus inter pares'', also der "Erste unter Gleichen" ist. Manche Mitglieder bilden beim Verlassen der Gruppe oft neue Gruppen. Das alles schließt nicht aus, dass solche bündische Gruppen einen größeren Bund mit gemeinsamen Formen ("''[[Kluft]]''", Liedgut, Traditionen) bilden. Ein solcher ''Bund'' neigt dazu, selten wesentlich mehr als 200 Mitglieder zu haben, damit jeder noch jeden kennen kann. Aus der Sicht von Bündischen sind die meisten Pfadfinderbünde keine richtigen Bünde, sondern nur Verbände. | ''Bündische'' bilden seedukative (gleichgeschlechtliche) Gruppen, die sich in Freundschaft verbunden sind und sich in ihrer Zusammensetzung kaum ändern. Ein [[Stufenwechsel]], wie er bei Pfadfindern üblich ist, ist damit ausgeschlossen. Neu gekeilte Mitglieder lernen von den anderen, wobei der Führer meist ein ''primus inter pares'', also der "Erste unter Gleichen" ist. Manche Mitglieder bilden beim Verlassen der Gruppe oft neue Gruppen. Das alles schließt nicht aus, dass solche bündische Gruppen einen größeren Bund mit gemeinsamen Formen ("''[[Kluft]]''", Liedgut, Traditionen) bilden. Ein solcher ''Bund'' neigt dazu, selten wesentlich mehr als 200 Mitglieder zu haben, damit jeder noch jeden kennen kann. Aus der Sicht von Bündischen sind die meisten Pfadfinderbünde keine richtigen Bünde, sondern nur Verbände. | ||
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''Bündisch'' sein, ist untrennbar mit dem Begriff der deutschen [[Jugendbewegung]] verbunden. Nachdem sich [[Wandervogel]] und Pfadfinderbewegung vom - erst durch Kriegsfreiwillige entusiastisch unterstützten - 1. Weltkrieg erholten (sehr viele Führungspersönlichkeiten waren gefallen), begann die so genannte "Bündische Phase" der Jugendbewegung von 1918-1933: | ''Bündisch'' sein, ist untrennbar mit dem Begriff der deutschen [[Jugendbewegung]] verbunden. Nachdem sich [[Wandervogel]] und Pfadfinderbewegung vom - erst durch Kriegsfreiwillige entusiastisch unterstützten - 1. Weltkrieg erholten (sehr viele Führungspersönlichkeiten waren gefallen), begann die so genannte "Bündische Phase" der Jugendbewegung von 1918-1933: | ||
=== Die bündische Phase (1918-1933)=== | === Die bündische Phase (1918-1933)=== | ||
Den Mitgliedern der Jugendbewegung reichte es nach 1918 nicht mehr, nur ihre Jugend gemeinsam zu verleben. Es bildete sich der Willen, die gesamte Gesellschaft zu verändern: Man stebte nun ritterliche Ideale an, denen jeder Einzelne auch im Erwachsenenalter anhängen sollte. So entstand die Begrifflichkeit eines "Lebensbundes", der nicht mit dem Erwachsenwerden endet, sondern das ganze Leben einbezieht. Viele Bünde sahen das Bestehen eines [[Lebensbund|Lebensbundes]] als in koedukativen Bünden schwer verwirklichbar und die Orientierung richtete sich mehr auf eine geschlechtsgetrennte Arbeit (die z.B. der Wandervogel vorher nicht kannte). | Den Mitgliedern der Jugendbewegung reichte es nach 1918 nicht mehr, nur ihre Jugend gemeinsam zu verleben. Es bildete sich der Willen, die gesamte Gesellschaft zu verändern: Man stebte nun ritterliche Ideale an, denen jeder Einzelne auch im Erwachsenenalter anhängen sollte. So entstand die Begrifflichkeit eines "Lebensbundes", der nicht mit dem Erwachsenwerden endet, sondern das ganze Leben einbezieht. Viele Bünde sahen das Bestehen eines [[Lebensbund|Lebensbundes]] als in koedukativen Bünden schwer verwirklichbar und die Orientierung richtete sich mehr auf eine geschlechtsgetrennte Arbeit (die z.B. der Wandervogel vorher nicht kannte). | ||
− | + | In der Folge kam es zu einer starken Durchdringung von bündischen und scoutistischen Elementen (siehe unten). Auch bündische Pfadinder sind seitdem keine Seltenheit und die Grenzen verwischten so sehr, dass viele der Meinung waren, dass sie im Prinzip das selbe machten. 1925 kam es mit dem Zusammenschluss eines Pfadfinderbundes und eines Wandervogelbundes zur Gründung des ''Bund der Wandervögel und Pfadfinder'' (BdWuPf), der sich später ''Deutsche Freischar'' nannte. In diesem Bund gelang es verschiedenste Zielsetzungen mit gemeinsamen Formen (Kleidung, Fahrtentechnik, Fahrt, etc.) zu verbinden. Gruppen, die sich diesem Konzept nahe fühlen oder wesentliche Elemente des ''Bündischen'' übernommen haben bezeichnen sich seitdem als ''bündisch''. | |
− | Die bündische Bewegung erstarb mit den Verboten durch das nationalsozialistische | + | Gegen 1930 kamen [[Jungenschaft]]en auf, die wiederum das Verständnis des Lebensbundes ablehnten und eher einem sogenannten "Jugendreich" (einer eher geschlossenen Gegenwelt im Jugendalter) anhingen. Die Jungenschaftbewegung brachte Elemente wie die [[Kohte]], [[Jurte]] und [[Jungenschaftsjacke]] in die deutsche Jugendbewegung ein. |
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+ | Die bündische Bewegung erstarb mit den Verboten durch das nationalsozialistische Regime die ab 1933 ausgesprochen wurden; spätestens mit der Aktion ''Zerschlagung bündischer Reste'' (etwa 1936), im Rahmen derer z.B. [[Robert Oelbermann]] inhaftiert wurde. Die Einzelnen blieben aber oft ihren Idealen im Verborgenen treu. | ||
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* Beginnt erst im Jugendalter (ca. ab 10 Jahren). | * Beginnt erst im Jugendalter (ca. ab 10 Jahren). | ||
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* Die Basis ist Kameradschaft. | * Die Basis ist Kameradschaft. | ||
+ | * Die Kleidung ist die [[Kluft]]. Sie repräsentiert Ordnung und Homogenität. | ||
+ | * Aktionsschwerpunkt ist das Lager | ||
* Pfadfinderisches wird als Erziehungsmethode für Kinder (ca. ab 7 Jahren) und Jugendliche eingesetzt. | * Pfadfinderisches wird als Erziehungsmethode für Kinder (ca. ab 7 Jahren) und Jugendliche eingesetzt. | ||
* Wechsel zwischen Klein- und Großgruppe. Gruppen sind oft koedukativ. [[Stufenwechsel]] älter werdender Mitglieder in eine neue, ältere Gruppe. | * Wechsel zwischen Klein- und Großgruppe. Gruppen sind oft koedukativ. [[Stufenwechsel]] älter werdender Mitglieder in eine neue, ältere Gruppe. | ||
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+ | '''Bündisch''' bezeichnet eine besondere Form des Zusammenlebens in einer Gruppe, bei der wesentliche, als ''bündisch'' geltende Elemente vereint sind. | ||
+ | Die historischen Wurzeln liegen in der Gründung des ''BdWuPf'' und nur der ''Scoutismus'' kann davon nur in reinster Form abgegrenzt werden. | ||
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Version vom 1. Juni 2007, 11:28 Uhr
Bündisch bezeichnet eine besondere Form des Zusammenlebens in Gruppen oder eben echten Bünden. Der Versuch, diesen Begriff vom Scoutismus zu trennen, gelingt nur auf einer philosophischen Ebene. Das Pfadfinderische beruht auf Kameradschaft und damit auf der Vernunft, das Bündische aber beruht auf der Freundschaft und damit auf der Liebe. Eine Konsequenz daraus lautet, dass Pfadfinder bei mangelnder Emotion für den Kameraden unbeeinflusst bleiben, während sich bündische Gruppen von einem solchen Mitglied trennen; sogar trennen müssen. Bündische bilden seedukative (gleichgeschlechtliche) Gruppen, die sich in Freundschaft verbunden sind und sich in ihrer Zusammensetzung kaum ändern. Ein Stufenwechsel, wie er bei Pfadfindern üblich ist, ist damit ausgeschlossen. Neu gekeilte Mitglieder lernen von den anderen, wobei der Führer meist ein primus inter pares, also der "Erste unter Gleichen" ist. Manche Mitglieder bilden beim Verlassen der Gruppe oft neue Gruppen. Das alles schließt nicht aus, dass solche bündische Gruppen einen größeren Bund mit gemeinsamen Formen ("Kluft", Liedgut, Traditionen) bilden. Ein solcher Bund neigt dazu, selten wesentlich mehr als 200 Mitglieder zu haben, damit jeder noch jeden kennen kann. Aus der Sicht von Bündischen sind die meisten Pfadfinderbünde keine richtigen Bünde, sondern nur Verbände.
Herkunft
Bündisch sein, ist untrennbar mit dem Begriff der deutschen Jugendbewegung verbunden. Nachdem sich Wandervogel und Pfadfinderbewegung vom - erst durch Kriegsfreiwillige entusiastisch unterstützten - 1. Weltkrieg erholten (sehr viele Führungspersönlichkeiten waren gefallen), begann die so genannte "Bündische Phase" der Jugendbewegung von 1918-1933:
Die bündische Phase (1918-1933)
Den Mitgliedern der Jugendbewegung reichte es nach 1918 nicht mehr, nur ihre Jugend gemeinsam zu verleben. Es bildete sich der Willen, die gesamte Gesellschaft zu verändern: Man stebte nun ritterliche Ideale an, denen jeder Einzelne auch im Erwachsenenalter anhängen sollte. So entstand die Begrifflichkeit eines "Lebensbundes", der nicht mit dem Erwachsenwerden endet, sondern das ganze Leben einbezieht. Viele Bünde sahen das Bestehen eines Lebensbundes als in koedukativen Bünden schwer verwirklichbar und die Orientierung richtete sich mehr auf eine geschlechtsgetrennte Arbeit (die z.B. der Wandervogel vorher nicht kannte).
In der Folge kam es zu einer starken Durchdringung von bündischen und scoutistischen Elementen (siehe unten). Auch bündische Pfadinder sind seitdem keine Seltenheit und die Grenzen verwischten so sehr, dass viele der Meinung waren, dass sie im Prinzip das selbe machten. 1925 kam es mit dem Zusammenschluss eines Pfadfinderbundes und eines Wandervogelbundes zur Gründung des Bund der Wandervögel und Pfadfinder (BdWuPf), der sich später Deutsche Freischar nannte. In diesem Bund gelang es verschiedenste Zielsetzungen mit gemeinsamen Formen (Kleidung, Fahrtentechnik, Fahrt, etc.) zu verbinden. Gruppen, die sich diesem Konzept nahe fühlen oder wesentliche Elemente des Bündischen übernommen haben bezeichnen sich seitdem als bündisch.
Gegen 1930 kamen Jungenschaften auf, die wiederum das Verständnis des Lebensbundes ablehnten und eher einem sogenannten "Jugendreich" (einer eher geschlossenen Gegenwelt im Jugendalter) anhingen. Die Jungenschaftbewegung brachte Elemente wie die Kohte, Jurte und Jungenschaftsjacke in die deutsche Jugendbewegung ein.
Die bündische Bewegung erstarb mit den Verboten durch das nationalsozialistische Regime die ab 1933 ausgesprochen wurden; spätestens mit der Aktion Zerschlagung bündischer Reste (etwa 1936), im Rahmen derer z.B. Robert Oelbermann inhaftiert wurde. Die Einzelnen blieben aber oft ihren Idealen im Verborgenen treu.
1945 bis heute
Nach dem 2. Weltkrieg wurden bündisch geprägte Wandervogel und Pfadfinderbünde wieder- oder neugegründet (Beispielsweise die CPD). Das Bündische erreichte aber nicht mehr die in der Zeit von 1918-1933 bestehende prägende Ausstrahlung auf die Gesamtheit der deutschsprachige Jugend.
Die viele bündische Gruppen sehen - früher wie heute - eine untereinander verbindende Gemeinsamkeit in der Meißner Formel.
Bündisch oder Scoutistisch?
Im deutschsprachigen Raum kann man nicht mehr zwischen Verbänden trennen, die eine pure Herkunft aus der deutschen Jugendbewegung haben, und Verbänden, die den Ideen Baden-Powells in "reiner" Form (sogenannter Scoutismus) anhängen. Beide Richtungen und Ideenwelten haben sich gegenseitig befruchtet und durchdrungen. Sieht man "bündisch" und "scoutistisch" als gegenüberliegende Endpunkte einer Skala, so kann man bei vielen Verbänden eine gewisse Tendenz benennen. Sie lassen sich als "bündisch", "eher bündisch", "eher scoutistisch" oder "scoutistisch" einordnen. Um die Unterschiede beider Ausrichtungen zu verdeutlichen, sind hier den "bündischen" Elementen "scoutistische" Elemente gegenübergestellt:
Bündische Elemente
Die nachfolgenden Elemente charakterisieren bündische Gruppen. Natürlich kommt es zu unterschiedlichen Gewichtungen einzelner Elemente.
- Bündisch-Sein als persönlicher Selbstzweck.
- Die Basis ist Freundschaft.
- Die Kleidung ist die Lumpatio (kurze Lederhose, kariertes Hemd, Barrett): Sie repräsentiert das Aufbegehren gegen Strenge und Enge
- Aktionsschwerpunkt ist die Fahrt
- Lebensbund: Ausrichtung auf eine Gemeinschaft/Verbundenheit für das ganze Lebensalter.
- Beginnt erst im Jugendalter (ca. ab 10 Jahren).
- kleine geschlechtshomogene Sippen die gemeinsam "alt" werden.
- Prinzip "Jugend führt Jugend": der Gruppenführer ist oft nur 1-3 Jahre älter als die Gruppenmitglieder.
- Romantischer, musischer Schwerpunkt (bündische Liedermacher).
- Der Affe als Rucksack, oft mit einem Fell als Schlafunterlage, Schwarzzelte (Kohten und Jurten).
- Ausrichtung an der Meißner Formel.
Scoutistische Elemente
Die nachfolgenden Elemente charakterisieren scoutistische Gruppen. Natürlich kommt es zu unterschiedlichen Gewichtungen einzelner Elemente.
- Pfadfindermethode wird zur Verfolgung eines bestimmten Zieles genutzt (z.B. bei den Royal Rangers).
- Die Basis ist Kameradschaft.
- Die Kleidung ist die Kluft. Sie repräsentiert Ordnung und Homogenität.
- Aktionsschwerpunkt ist das Lager
- Pfadfinderisches wird als Erziehungsmethode für Kinder (ca. ab 7 Jahren) und Jugendliche eingesetzt.
- Wechsel zwischen Klein- und Großgruppe. Gruppen sind oft koedukativ. Stufenwechsel älter werdender Mitglieder in eine neue, ältere Gruppe.
- Erwachsene erziehen Kinder und Jugendliche zur Selbstständigkeit.
- Modernen Medieneinsatz.
- Modernes Ausrüstungsmaterial (Iglu- und Weißzelte, Wanderrucksäcke,...).
- Ausrichtung am Pfadfindergesetz.
Konsequenz
Bündisch bezeichnet eine besondere Form des Zusammenlebens in einer Gruppe, bei der wesentliche, als bündisch geltende Elemente vereint sind. Die historischen Wurzeln liegen in der Gründung des BdWuPf und nur der Scoutismus kann davon nur in reinster Form abgegrenzt werden.