Moritz von Engelhardt

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Moritz v. Engelhardt, Titelblatt einer Bundesinfo des BDP

Moritz von Engelhardt war von 1966 bis 1971 Bundesvorsitzender des BDP und hat dessen Spaltung nie verwinden können. Am 9. Juni 2004 nahm er sich im Alter von 67 Jahren, in Berlin, das Leben.

Moritz war in vielen Pfadfinderbünden aktiv und hat jeden Pfadfinder, der bei ihm an die Tür klopfte herzlichst aufgenommen.

1966 übernahm er die Leitung des Wannseeheims in Berlin. Als Erfinder des Seminars "Salz in der Suppe" hat er dort Jugendliche zu demokratischen Bürgern erzogen.

Er hat sich bis zu seinem Lebensende für die politische Jugendarbeit innerhalb und außerhalb des BDP eingesetzt, so zum Beispiel in der Mongolei den Jugendlichen Demokratie beigebracht.

Pfadfinderarbeit

Moritz von Engelhardt stieß 1950 als 14 jähriger zum BDP Stamm Harold in Hannover. Bereits zwei Jahre später war er Wölflingsführer der Meute Sionipack. Später wurde er Landesbeauftragter für die Wölflingsstufe in Niedersachsen und Bundesbeauftragter für Spiel. Später studierte er Pädagogik in Tübingen, wo er auch mit den Grauen Reitern in Kontakt kam, insbesondere weil ihn die Mongolei von Jugend an faszinierte.

In seinen Erinnerungen beschrieb er die damalige Landesmark Niedersachsen im BDP als in der Mehrheit von älteren scoutistischen Führern geprägt: "... sehr starre Leute, die an Ordnung, Aufmärschen und Fahnen sehr großen Gefallen hatten". (Hübner, Klatta, Swoboda "Straßen sind wie Flüsse zu überqueren" 2. Auflage 1991 Frankfurt/Main, S. 264). Dem setzte er in krassem Gegensatz die musische Tätigkeit entgegen, die stark durch die Jugendbildungsstätte Bündheim geprägt war, wo er den Theaterpädagogen Martin Luserke kennenlernte. Hier erhält er wesentliche Impulse für die Arbeit mit jugendlichen Laienschauspielern, die er in den BDP einbringt.

In seiner Funktion als Bundessekretär führte er von 1962-1965 zahlreiche musische Kurse und Unternehmungen durch, die mit der Bezeichnung "politische Bildung mit pfadfinderischen Methoden" charakterisiert wurden. Er hat damit das Spurenlesen in Wald und Feld ins "Dickicht der Großstadt" verlegt. Der Höhepunkt der Umsetzung dieser Methode war das Bundes-Führertreffen 1965 in Berlin, bei dem 500 Teilnehmer Ost- und Westberlin erkundeten und einen kritischen Systemvergleich erstellten. Während dieser Veranstaltung kam es auch zu Kontakt mit FDJ-Funktionären, Moritz wies aber mit viel diplomatischem Geschick das Werben und Drohen des FDJ-Zentralrates zurück, der mit dem BDP offiziell Kontakt aufnehmen wollte. Der BDP geriet dadurch auch unter Beobachtung westlicher Geheimdienste. Die Schlussrede dieser Veranstaltung hielt Willy Brandt. Für die von ihm eingeführten neuen Formen der politischen Bildung erhielt der BDP die Theodor-Heuss-Medaille.

Auf dem Bundeslager 1966 realisiert er mit anderen aus der "AG Spiel" die Freilichtaufführung von Shakespeares "Sturm", die später als revolutionärer Durchbruch des Jugendtheaters (Rheinischer Merkur) gefeiert wird.

Nach dem unverhofften und vorzeitigen Rücktritt des Bundesfeldmeisters Jochen Senft im November 1966, dessen Pädagogisierung zu tiefen Spannungen im Bund geführt hatte, wurde Moritz von Engelhardt zum Bundesvorsitzenden gewählt. Am 1. Mai 1967 verabschiedete das Bundesthing des BDP einstimmig die Wolfshausener Erklärung, in der neben den klassischen Formen der Pfadfinderei auch musische und politische Bildung, sowie sozialer Einsatz und die Koedukation festgeschrieben werden. Auf einem Lehrgang zur Führerausbildung Ostern 1968 kommt es zu Diskussionen, dass die pädagogische Konzeption des BDP eine politische Neutralität des Bundes ausschließe. 140 Teilnehmer der Führerausbildung initiieren eine Demonstration gegen den Dutschke-Anschlag, gegen die später im BDP mit dem Slogan "Pfadfinder unter roten Fahnen" Stimmung gemacht wird. Im Gegensatz zu dem Referenten für politische Bildung im BDP [Peter Pott]], der in seiner Rede eindeutig Partei ergreift, lehnt Moritz von Engelhardt eine offizielle Stellungnahme im Namen des Bundes ab. Er spricht sich aber dafür aus, dass Mitglieder des Bundes sich in der Öffentlichkeit deutlich engagieren.

Die folgenden Jahre sind durch scharfe Auseinandersetzungen im BDP und im Ring deutscher Pfadfinderbünde gekennzeichnet. Moritz von Engelhardt überstand drei Misstrauensanträge. Nach Ende seiner Amtszeit und Einführung des Delegiertensystems gewinnt die links-liberale Fraktion mit Axel Hübner mit 26:20 Stimmen im Januer 1971 das Bundesamt. In derselben Nacht wird der Bund der Pfadfinder (BdP) als Gegenbund gegründet. Zuvor haben bereits zahlreiche konservativere Pfadfindergruppen den BDP verlassen und die verbliebene traditionelle Fraktion geschwächt. Die Spaltung des Bundes hat Moritz von Engelhardt nie überwunden. Er litt sehr darunter, ab 1969 zwischen allen Fronten zu stehen und unter der Aussichtslosigkeit mit rationalen Argumenten überzeugen zu können. Moritz trat später auch der Stiftung Pfadfinden nicht bei, weil diese einseitig den BdP begünstigte.

Quellen

  • Bundesinfo 106/04, Bund Deutscher PfadfinderInnen
  • Straßen sind wie Flüsse zu überqueren, Frankfurt/Main, Hübner, Klatta, Swoboda, 1991
  • Scouting 3/2004, Baunach
  • Logo 3-04, Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder, Butzbach
  • Mongolische Notizen Nr. 12/2003, S. 44-47, Aufbau demokratischer Jugendarbeit in der Mongolei

Weblinks