Sturmtrupp-Pfadfinder

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Der ehemalige Bund der Sturmtrupp-Pfadfinder, eine Deutsche Waldritterschaft wurde 1926 als Pfadfinderorganisation in Anlehnung an den IOGT (Guttempler) gegründet. Er hatte nie mehr als 500 Mitglieder und war der erste koedukativ arbeitende Pfadfinderbund in Deutschland. Überbündisch trat er allerdings kaum in Erscheinung. Der Name sollte ausdrücken, dass er sich an der Spitze einer Erneuerungsbewegung in der deutschen Jugendbewegung sah. Der Bund zeichnete sich durch ein sehr intensives Bundesleben aus.

Entstehung der Sturmtrupp-Pfadfinder

Seine Gruppen waren zum großen Teil Mitglieder der alkoholfreien Bewegung des Internationalen Guttemplerordens, die stark vom Wandervogel beeinflusst waren. Seit 1923 bestand enger Kontakt zu den Neupfadfindern, dessen Elemente und Stil sie forführten, nachdem diese 1925 in der Deutschen Freischar aufgegangenen waren. Andere Gruppen stießen von Wandervogel- oder von Pfadfinderbünden hinzu, die der Woodcraft-Bewegung nahe standen und nach „Urpfadfindertum“ strebten. Grundlage des „Urpfadfindertums“ waren die Bücher von John Hargrave (Der weiße Fuchs, Kunst Einsamkeit, Kibbo Kift, Stammeserziehung u. a.).

1927 bildeten die Stämme Jukkasjärvi (Stuttgart), Rüppurr (Karlsruhe) und Wölfe (Mannheim) den „Sturmtrupp Süd“ innerhalb des Wehrlogenwerkes. Danach gelang es an vielen anderen Orten neue Stämme zu gründen, so dass auf dem Bundeslager am Hohen Meißner „Sturmtrupp Nord“ und „Sturmtrupp Mitte“ hinzukamen. Nach einem Bundesthing in Roßlau an der Elbe wurde schließlich der neue Bund „Sturmtrupp-Pfadfinder, eine deutsche Waldritterschaft“ gegründet. Der Bundesfeldmeister war Dr. Helmut Hövetborn (Pfadfindername: Doktor), zum Hauptfeldmeister wurde Erich Mönch (Pfadfindername: Schnauz) bestimmt.

Arbeitsinhalte

Der Bund arbeitete auf der Basis der von Ernest Thompson Seton vertretenen „Lehre vom einfachen u. geistigen Leben“. Er vereinigte in seinen Reihen raue Fahrtengesellen im Sinne alter Pachanten und Landsknechte, aber auch feinsinnige, künstlerische und intellektuelle Menschen. Jedes Bundesmitglied war angehalten eine Jahreswerkarbeit herzustellen, die auf den Bundeslagern ausgestellt wurden. Außerdem unternahm die Gruppen mehrere Großfahrten, die sie vor allem nach Schweden und Norwegen führten. Durch den Anspruch großer Leistung und eiserner Disziplin war ein Elitedenken nicht unüblich.

Der Bund war interkonfessionell und politisch neutral. Unterstützt wurde er durch den „Ring der Freunde des Sturmtrupp“, dem Eltern der Mitglieder und die Älteren des Bundes angehörten. Die Bundesschrift hieß Jugendland. Zwischen Ostern 1929 und Jahresende 1933 erschienen 24 Ausgaben. Die Hefte 25–27 erschienen zwischen 1946 und 1948.

Verbreitung des Bundes

Die Gruppen des Bundes waren im ganzen damaligen Deutschen Reich verteilt, der Schwerpunkt lag jedoch in Süddeutschland. Der Stamm der „Füchse“ in Tübingen und die „Grauen Reiter“ aus Soldinin der Neumark seien besonders genannt, da sie für die Nachkriegsarbeit von Erich Mönch als Vorbild seiner Pfadfinderarbeit herangezogen wurden. Geistiger Förderer und Reichsfeldmeister des Bundes war der Grafiker Dr. Helmut Hövetborn, der dem Bund von Anfang an musische Impulse gab. Es gab keine geschriebene Bundesordnung, die Angehörigen mussten aber die Kernsätze des Bundes kennen. Form des Zusammenlebens war eine Art Basisdemokratie. Im Bundesthing waren alle Stammesführer stimmberechtigt; die Stämme hielten eigene Things ab. Durch ihr Vorbild forderten die Führer unbedingte Gefolgschaft. Der Sturmtrupp führte große Auslandsfahrten durch und nahm auch an internationalen Zeltlagern mit Pfadfindergruppen des IOGT aus Skandinavien, Großbritannien und den USA teil. 1927 erwarb der Bund bei Döffingen im Kreis Böblingen eine große Heidefläche auf einem Berg. Hier, auf dem so genannten „Jugendland“, entstand das Bundesheim im Blockhausstil.

Am 1. Mai 1932 trennte sich der Bund endgültig von den Wehrlogen, nachdem deren Leitung den Antrag ablehnte, dass die „Sturmtrupp-Pfadfinder“ einen eigenständigen Zweig im Guttemplerorden bilden. Daraufhin legten die Gruppen die Guttemplerabzeichen ab und waren ein eigenständiger Pfadfinderbund.

Auflistung bekannter Gruppen

Gründungsstämme des „Sturmtrupp-Süd“:

  • Stamm Wölfe – Mannheim
  • Stamm Jukasjärvi - Stuttgart
  • Stamm Rüppurr – Karlsruhe

Weitere Gruppen des Sturmtrupp-Süd:

  • Mädchenstamm Wildkatzen – Stuttgart
  • Wölflingssippe Zeisige – Karlsruhe
  • Stamm Füchse – Tübingen
  • Mädchenstamm Burg - Tübingen
  • Stamm Adler - Rottenburg

Sturmtrupp Nord:

  • Stamm Grad dör – Bremen
  • Stamm Widukind – Oldenburg
  • Stamm Wiking – Düsseldorf

Sturmtrupp Mitte

  • Stamm Braune Bären – Berlin
  • Stamm Grauer Reiter – Soldin
  • Stamm Goten – Dessau

Verbotszeit

Im August 1934 fand das letzte Bundestreffen, bereits in der Illegalität, auf dem Jugendland statt, an dem fast alle Bundesangehörigen teilnahmen. Kurz darauf kam der letzte Bundesbefehl heraus, der die Selbstauflösung anordnete; das gesamte Bundesinventar wurde vernichtet, die Heime verbrannt, um der Eingliederung in die Hitler-Jugend zuvorzukommen. Es fanden aber weiterhin geheime Treffen und Fahrten statt. Eine geplante Bundesfahrt nach Nordafrika wurde 1934 wegen des Ausreiseverbots kurzfristig in eine Deutschland-Sternfahrt mit Treffpunkt in Leipzig umgewandelt.

Die Mitglieder des berittenen Stammes „Grauer Reiter“ in Soldin verweigerten die befohlene Auflösung und ritten auch weiterhin am helllichten Tag in ihrer Pfadfinderuniform durch den Ort. Nachdem sie zum Militär eingezogen wurden, fielen sie einer nach dem anderen an der Ostfront. Von diesen Grauen Reitern leitet sich der Name der späteren Pfadfinderschaft Grauer Reiter ab.

Der „Braune-Bären-Stamm“, 1928 von Erich Mönch (Schnauz) in Berlin gegründet, beschloss sich zu tarnen und trat unter dem Namen „Technische Bereitschaft“ als Stabjungenzug dem Jugendbann 155 des Jungvolks in Berlin-Kreuzberg bei. Ihr Gruppenzeichen war die längshalbierte Pfeillilie des Sturmtrupps, die als wikingischer Enterhaken ausgegeben wurde. Noch bis 1939 wurde den zuverlässigsten Jungen das Pfadfinderversprechen abgenommen, dann löste sich auch diese Zelle geheimer bündischer Arbeit auf ein vorbereitetes Stichwort hin auf. Damit hat der Sturmtrupp-Pfadfinderbund aufgehört zu existieren.

Helga Barth

Helga Barth war Sippenführerin der Sippe Zeisige in Karlsruhe im Bund der „Sturmtrupp-Pfadfinder“. Sie wurde im Sturmtrupp „Mutter der Zeisige“ genannt und war 24 Jahre alt, als sie starb.

In Rechlin, ein Ort südlich des Müritzsees, gab es Werkhallen der Luftfahrtindustrie, dort wurde in Zwangsarbeit Helga Barth beschäftigt. Sie wurde wegen Sabotage „aussortiert“. Das war ihr Todesurteil, denn sie wurde von hier mit anderen Frauen im Fußmarsch in Richtung Konzentrationslager Ravensbrück getrieben. Auf dem Weg dorthin blieb sie vor Erschöpfung liegen. Von einem nachfolgenden Bewacher wurde sie erschossen und liegen gelassen. Dortige Anwohner haben sich ihrer angenommen und auf einem nicht bekannten Friedhof begraben.

Neubeginn

Nach 1945 sammelte Dr. Helmut Hövetborn erneut die verbliebenen Mitglieder des Bundes und es gab es zwar Überlegungen einer Neugründung, die aber nicht verwirklicht wurden. Es gab zahlreiche Lager und um den Zusammenhalt zu wahren erschien der Rundbrief „Jugendland“ des Freundeskreises ehemaliger Sturmtrupp-Pfadfinder. In diesen Heften Ausgabe 25–27 wurde die Neugründung des Bundes sehr intensiv diskutiert. Dieser Gedanke wurde jedoch zu Gunsten des Engagements im neu gegründeten „Bund Deutscher Pfadfinder“ (BDP) entschieden. Man glaubte, dass die Bundessatzung, an deren Entstehung auch Erich Mönch beteiligt war, genügend Freiheiten für ein Eigenleben der Gruppen erlaube, dass auch eine musisch-künstlerische Entfaltung im Geiste der Sturmtrupp-Pfadfinder möglich erschien. Zudem wollten sie die Einheit der deutschen Pfadfinderbewegung und der Aufnahme vom International Bureau nicht im Wege stehen.

Die weitere Geschichte der Sturmtrupp-Pfadfinder ist eng mit der Geschichte der Grauen Reiter verbunden.

Einzelne ehemalige Sturmtrupp-Pfadfinder sind nach wie vor Mitglied in der „Fördergemeinschaft Grauer Reiter e.V.“, einem überbündischen Freundes- und Elternkreis zum Erhalt der Burg Hohenkrähen für die Jugendarbeit.

Weblinks


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