Pfadfinderbewegung

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Weltbundlilie

Die Pfadfinderbewegung ist die größte Jugendbewegung der Welt. Sie begann 1907 in England und erfuhr ein rasche Ausbreitung. Schätzungsweise gehören ihr derzeit mehr als 38 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit an. Die Anzahl der Altpfadfinder beträgt heute ca. 58 Millionen Pfadfinder. Die Pfadfinderbewegung ist offen für Menschen aus allen Kulturen und Glaubensbekenntnissen.

Der Schutzpatron der Pfadfinder ist der Ritter St. Georg, der einen Drachen getötet haben soll. Nach seinem Vorbild sollen Pfadfinder ritterlich und ehrlich handeln, anderen Menschen Freund sein, Hilfsbedürftige und Schwache unterstützen und die Umwelt schützen. Das Abzeichen der männlichen Pfadfinder ist eine Lilie, das der weiblichen ein Kleeblatt.

Siehe auch:


Geschichte

Die Gründung der Pfadfinderbewegung lässt sich auf einen Mann zurückführen: Robert Stephenson Smyth Baden-Powell; kurz genannt B.P.

Militärische Hintergründe

Baden-Powell beschäftigte sich als Kavallerieoffizier viel mit der Aufklärungsarbeit (engl. scouting). Das Schleichen, Spähen und Spurenlesen kam seinem Abenteuergeist eher entgegen als Formationsreiten. Die Arbeit eines Spähers oder Kundschafters erforderte gänzlich andere Handlungsmuster als die sonstigen Aufgaben der Kavallerie. Während üblicherweise perfekte Beherrschung des Pferdes und schnelles Reagieren auf Kommandos gefragt war, musste ein Kundschafter vor allem Aufträge eigenständig erfüllen können und dabei die für seine Entscheidungen nötigen Informationen selbst erfassen. Scouting wurde bald Baden-Powells „Steckenpferd“. Bei der Ausbildung von Kundschaftern in seinem Regiment ab den 1890er Jahren machte Baden-Powell positive Erfahrungen vor allem auch die Motivation der Soldaten betreffend. Über den militärischen Nutzen hinaus sah er im scouting außerdem die Möglichkeit, den Soldaten nützliche Fähigkeiten für ihr Leben nach dem Armeedienst anzutrainieren. Baden Powell schrieb zwei Bücher über das Kundschaften: Reconnaissance and Scouting (1884) und später das so erfolgreiche Aids to Scouting (1899).

1900 erhielt B.P. den Auftrag, eine Polizeitruppe in Südafrika aufzustellen, die South African Constabulary (SAC). Sie sorgte für Ruhe und Ordnung im früheren Kriegsgebiet, übernahm aber auch andere Aufgaben wie die Postzustellung. Die SAC nahm aber auch an Kampfhandlungen teil. Für die SAC entwarf Baden-Powell auch eine am praktischen Nutzen orientierte Uniform: ein Khakihemd mit Krawatte und einen breitrandigen Cowboyhut. Dieser Hut war der Stetson Hat, den die kanadischen Truppen während des ganzen Burenkrieges getragen hatten.<ref>http://www.warmuseum.ca/cwm/exhibitions/boer/stetsonhat_e.shtml</ref> Die Pfadfinderuniform, die Baden-Powell später unter den gleichen Gesichtspunkten entwarf, wies eine deutliche Ähnlichkeit mit der SAC-Uniform auf.<ref>http://www.scouting.org.za/seeds/sac.html</ref> Aber auch in der Ausbildung der südafrikanischen Polizeitruppe finden wir Parallelen zu den Pfadfindern: Aufteilung in kleine Gruppen, großer Wert wurde auf selbstständiges Denken und Handeln gelegt. Auf militaristischen Drill wurde fast vollständig verzichtet. Auch nach B.P.s Ernennung zum Generalinspekteur der britischen Kavallerie im Jahr 1903 hat sich die von ihm aufgestellte und ausgebildete South African Constabulary bestens bewährt.

Beginn eines Jugendprogramms

Aids to Scouting erschien in England 1899, während in Südafrika die Belagerung von Mafeking im Gange war. Durch sein Standhalten gegen die Belagerer wurde Baden-Powell in seiner Heimat zum Nationalhelden, und so war es nicht verwunderlich, dass nach der Befreiung Mafekings das Buch von einem Großteil der britischen Jugend gelesen und zu einem Bestseller wurde. 1903 wurde es als Serie in der Jugendzeitschrift Boys of the Empire abgedruckt. Als Folge erhielt Baden-Powell viele Briefe mit Fragen von jungen Menschen. Er beschäftigte sich zunehmend mit Pädagogik. Er nam zum Beispiel Verbindung zu Ernest Thompson Seton auf, der in Nordamerika die Jugendorganisation „Woodcraft Indians“ gegründet hatte.

In England kam er in Kontakt mit der Boys´ Brigade. Die Boys´ Brigade verfolgte damals mit einigem Erfolg den Ansatz, den Besuch der Sonntagsschule für Jungen attraktiver zu gestalten, indem das Bibelstudium mit Soldatenspiel kombiniert wurde. Bei Vorführungen des typischen Drills war Baden-Powell vom Eifer und der Disziplin der jugendlichen Kompanien zwar beeindruckt. Aber er war auch der Meinung, dass ein auf scouting gegründetes Soldatenspiel für Jungen eine noch höhere Anziehungskraft und auch einen höheren erzieherischen Wert habe. Er bot an, einen Verbesserungsvorschlag für das Programm des Verbandes zu machen. 1906 wurde in der Zeitschrift der Boys´ Brigade ein Arbeitsvorschlag von B.P. veröffentlicht, der auf einer ersten jugendgerechten Adaptierung von Aids to Scouting basierte.

Ebenfalls 1906 kam er mit dem britischen Verleger Arthur Pearson ins Gespräch. Dieser bestärkte ihn in seinem Plan, Aids to Scouting weiter umzuarbeiten in ein Buch für die Jugend. Pearson vereinbarte mit B.P., dass dieses Buch im Frühjahr 1908 zuerst in sechs Heften und danach als Gesamtband in seinem Verlagsimperium erscheinen sollte. Zusätzlich plante Pearson die Herausgabe einer Jugendzeitschrift unter dem Titel „The Scout“.

So begann B.P. mit der Überarbeitung, anfangs neben seiner Arbeit als Generalinspekteur der Kavallerie und später zurück gezogen auf dem Land. Als einen Test seines Manuskripts und seiner Ideen führte er im Sommer 1907 auf Brownsea Island das erste Zeltlager mit Jugendlichen durch. Danach überarbeitete er sein Manuskript und gab es im Dezember 1907 ab. Seine Erfahrung auf Brownsea hatte er bereits vorher in einer eigenen Schrift veröffentlicht. Er achtete bei seiner Form der Jugendarbeit darauf, den Jungen einen Freiraum zur eigenen Entwicklung zu geben und übertrug besonders dem jugendlichen Kornett viel Verantwortung. Nach diesem erfolgreichen Test erschien Scouting for Boys von Jänner bis März 1908 in 6 Heften, und im Mai 1908 das erste Mal als gebundenes Buch. Ab April 1908 erschien die Zeitschrift "The Scout", sie wurde wie Scouting for Boys ebenfalls von Arthur Pearson herausgegeben. Diese Zeitschrift war eine Jugendzeitschrift mit einigen Pfadfinderseiten, die von B.P. und den im ganzen Land entstehenden Pfadfinderpatrullen gestaltet wurden. Diese Zeitschrift stellte die Verbindung zwischen den einzelnen entstehenden Gruppen in ganz Großbritannien her.

Eine eigene Organisation

Baden-Powell hatte sich eigentlich vorgestellt, dass Pfadfindersippen und -trupps innerhalb schon bestehender Organisationen gebildet werden sollten; zum Beispiel als Jugendarbeit in Kirchen, oder in der YMCA. Pfadfindergruppen entstanden z.B. bei den Boys´ Brigades. Es bildeten sich aber von selbst auch viele unabhängige Pfadfindergruppen, und B.P. entschied, dass nur eine eigene Organisation dieser Bewegung gerecht werden konnte.

1908 wurde ein erstes Pfadfinderbüro in England eröffnet. Erster Leiter war Major Kenneth Maclaren. Im Sommer 1908 fand in Humshaugh in Northumberland das erste offizielle Pfadfinderlager (nach dem Probelager in Brownsea) statt.<ref>http://en.wikipedia.org/wiki/Humshaugh#First_official_Scout_camp</ref> Die Pfadfinderbewegung wuchs weiter und 1910 nahm B.P. seinen Abschied aus der Armee und widmete sich von nun an ganz der Pfadfinderbewegung.

Neue Zielgruppen

Die Scoutbewegung war anfangs nur für die Erziehung von Knaben gedacht, aber bei einem der ersten großen Pfadfindertreffen in London tauchte plötzlich eine Mädchen-Patrulle auf, die sich als „Girl Scouts“ bezeichneten. B.P. beschloss einen eigenen Zweig der Pfadfinderei für Mädchen ins Leben zu rufen. 1909 erschienen die ersten Schriften für die Pfadfinderarbeit mit Mädchen: Pamphlet A: Baden-Powell Girl Guides, a Suggestion for Character Training for Girl und Pamphlet B: Baden-Powell Girl Guides, a Suggestion for Character Training for Girls. 1910 wurde die Girl Guides Association in England gegründet. Die führende Persönlichkeit der Pfadfinderinnen war seine Schwester Agnes. Im April 1910 gab es bereits 6.000 Girl Guides in Großbritannien. 1912 erschien als erstes Arbeitsbuch für die Pfadfinderinnen von B.P. und Agnes The Handbook for the Girl Guides or How Girls Can Help to Build Up the Empire. 1918 wurde es durch Girl Guiding von B.P. ersetzt. Ab 1915/16 war auch seine Frau Olave aktiv in Sachen Pfadfinderinnen zuerst in Grafschaft Sussex. Ab März 1916 war sie County Commissioner for Sussex der Girl Guides Association. Im Oktober 1916 wurde sie Chief Commissioner und im Februar 1918 Chief Guide. Agnes war bis 1920 als Präsidentin der Girl Guides Association tätig.

Aber nicht nur Mädchen und junge Frauen wollten Mitglied der Pfadfinderbewegung werden auch jüngere Knaben und junge Männer wollten Pfadfinder werden. So wurden die Wölflinge 1916 und die Rover 1918 gegründet. Mit dem Wachstum der Pfadfinderbewegung entstanden auch "Sonderformen" der Bewegung: 1912 die Seepfadfinder, später auch die Fliegerpfadfinder (Air Scouts).

Weltweite Ausbreitung

Die Pfadfinderbewegung breitete sich im ganzen Empire aus, aber auch außerhalb des britischen Weltreiches entstanden erste Pfadfindergruppen, so z.B. schon 1909 in Chile. Auch in Deutschland bildeten sich in diesem Jahr die ersten Pfadfindergruppen, nach der Übersetzung von Scouting for Boys durch Alexander Lion ins Deutsche.

1910 reiste B.P. nach Russland und besuchte die dortigen Pfadfinder. 1912 ging er auf eine Reise um sich ein Bild von den Pfadfindergruppen in Panama, in der Karibik, den USA, in Japan, Australien, Südafrika und Neuseeland zu machen. Schon vor dem ersten Weltkrieg waren 90.000 Jungs und ungefähr 7.000 Mädchen weltweit Pfadfinder.

1920 fand die erste Weltpfadfinderkonferenz und das erste Jamboree statt. Die Weltverbände der Pfadfinder (WOSM) und der Pfadfinderinnen (WAGGGS) wurden gegründet. Die Pfadfinderbewegung war ab nun verstärkt eine Bewegung, die sich für Völkerverständigung und Frieden einsetzte.

B.P. und seine Frau Olave widmeten ihr Leben dem Aufbau und der Pflege der weltweiten Pfadfinderbewegung. Sie unternahmen viele Reisen und Fahrten, um die Ideen der Pfadfinder in die ganze Welt zu bringen und starteten so den Versuch, die Solidarität und das Verständnis unter den verschiedenen Ländern und Kulturen zu wecken und zu fördern, um der Jugend einen friedlichen Weg miteinander umzugehen zu zeigen. Baden-Powell versuchte bis zu seinem Tod 1941 in Kenia, den Kontakt zu den weltweiten Pfadfindern zu halten, und nach seinem Tod verfolgte seine Frau seine Ziele weiter bis auch sie im Jahr 1977 starb. Aber auch nach B.P.s Tod entwickelte sich die Pfadfinderbewegung weltweit weiter und wuchs um ein Vielfaches an.

Knapp 100 Jahre nach Gründung der Pfadfinderbewegung gehörten ihr weltweit über 38 Millionen Menschen in 216 Staaten an. Der hundertjährige Geburtstag im Jahr 2007 wurde überall auf der Welt unter dem Motto "Eine Welt-Ein Versprechen" gefeiert.

Ziele

„Nachdem sich so die Pfadfinderbewegung von selbst über die ganze Welt ausgebreitet, hat sie folgende Möglichkeiten:

a.)sie kann aus Einzelnen einen tüchtigen und glücklichen Bürger machen;
b.)sie spannt den Einzelnen in den Dienst an der Gemeinschaft ein;
c.)sie stärkt die Bande zwischen den Gliedern des britischen Reiches durch ihre Bruderschaft
d.)sie fördert zwischenvölkisches Wohlwollen, wieder durch die Bruderschaft, ist somit ein Schritt zum dauernden Frieden.

(Baden-Powell: Pfadfinderführer, Übersetzung des Schweizer Pfadfinderbundes 1927., S.13)“


„Die „Mission“ der Pfadfinderbewegung ist es, zur Erziehung junger Menschen beizutragen, durch ein Wertesystem auf der Grundlage der Pfadfinderregeln und des Pfadfinderversprechens, zum Aufbau einer besseren Welt, in der die Menschen als selbst erfüllte Individuen eine konstruktive Rolle in der Gesellschaft spielen.

Dies wird erreicht, indem…
…die Kinder und Jugendlichen während ihrer prägenden Jahre in einen nicht-formalen Bildungsprozess eingebunden werden.
…bestimmte Methoden zur Anwendung kommen (die „Pfadfindermethode“: Abenteuerpädagogik, Naturerleben u.ä.), die jeden einzelnen zum Hauptakteur seiner eigenen Entwicklung zu einer selbständigen, solidarischen, verantwortungsbewussten und engagierten Person machen.
…sie bei der Entwicklung eines eigenen Wertesystem, mit persönlichen, sozialen und spirituellen Grundsätzen, die auch in den Pfadfinderregeln und dem Pfadfinderversprechen zum Ausdruck kommen, unterstützt werden.

(WOSM, The Mission of Scouting, Übersetzung, www.scout.org)“


„zur Entwicklung junger Menschen beizutragen, damit sie ihre vollen körperlichen, intellektuellen, sozialen und geistigen Fähigkeiten als Persönlichkeiten, als verantwortungsbewusste Bürger und als Mitglieder ihrer örtlichen, nationalen und internationalen Gemeinschaft einsetzen können. “

(Ring deutscher Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände AG Sachsen e.V.: Gesamtkonzeption, 1.2 Ziele der Pfadfinderbewegung http://www.rdp-sachsen.de/formulare/rdp-sachsen-gesamtkonzept.pdf)

  • Pfadfinder engagieren sich für eine lebenswerte Welt und die Bewahrung der Schöpfung. Die Erziehung zum Frieden ist ebenfalls ein fester Bestandteil der pfadfinderischen Orientierung und findet ihren Ausdruck z.B. im Friedenslicht von Betlehem und durch zahlreiche internationale Begegnungen.

Literatur

  • The Scout Association: 100 Jahre Pfadfinder. Die offizielle Geschichte der weltweiten Bewegung. Spurbuchverlag, Baunach 2007. ISBN 978-3-88778-309-9

Weblinks

<references />