Alexander Lion

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Dr. med. Alexander Franz Anton Lion (Ali) wurde am 15.12.1870 in Berlin geboren und verstarb am 03. Februar 1962 in Schwabmünchen. Zusammen mit Maximilian Bayer übersetzte er das Buch Scouting for Boys von Robert Baden-Powell in die deutsche Sprache und erfand das deutsche Wort „Pfadfinden“.

Kindheit und Ausbildung

Alexander Lion wuchs in Berlin auf und besuchte das Gymnasium. Seine Eltern waren Juden. Mit 16 Jahren verließ er die jüdische Gemeinde und lebte ein Zeit lang bekenntnislos. Später ließ er sich katholisch taufen. Das Familiengrab befindet sich am Jüdischen Friedhof in Berlin.

Von 1876 bis 1880 erhielt er Privatunterricht. Danach besuchte er das Gymnasium und von 1891 bis 1896 studierte er Medizin in Würzburg, Berlin und Kiel.

Ostern 1893 trat er als Einjährig-Freiwilliger in die Bayerische Armee ein. 1904/06 diente Lion freiwillig während des Aufstands der Herero und Nama als Stabsarzt in Deutsch-Südwestafrika. Obwohl er dort größtenteils in seiner Rolle als Artzt diente, hat er auch freiwillig an Kampfhandlungen teilgenommenn. Dort traf Lion Weihnachten 1904 in Windhoek erstmals auf seinen späteren Mitstreiter bei der Gründung des deutschen Pfadfindertums, Hauptmann Maximilian Bayer, ohne dass es jedoch zu einer freundschaftlichen Bindung kam. 1907 und 1908 bat Alexander Lion erneut darum nach Deutsch-Südwestafrika versetzt zu werden. Diese Bitten wurden jedoch bei abgelehnt, vermutlich wegen seiner anglophilen Haltung.

Pfadfinder

1908 wurde er beim Lesen der englischen Times auf B.P. aufmerksam. Es begann ein reger Briefverkehr und ein Besuch in London 1909. B.P. nahm während des Besuchs Lion in die Pfadfinderbewegung auf. Kurz dnach erschien Lions erste Pfadfinderschrift unter der Überschrift „Koloniale Jugenderziehung“. Im Anschluss hieran übersetzte Lion, zusammen mit Bayer, das Buch Scouting for Boys und übersetzte den Begriff Boy Scout als „Pfadfinder“. Unter dem Titel Pfadfinderbuch erschien dieses Buch im Mai 1909. 1909 wurde der Verein „Jugendsport in Wald und Feld“ gegründet. Im Vorstand dieses Vereins waren unter anderem Alexander Lion, Maximilian Bayer und Konsul Georg Baschwitz. Ziel dieses Vereins war Einführung und praktische Erprobung der Pfadfinderarbeit im Deutschen Reich. Im Frühjahr 1909 besuchten britische Pfadfinder Deutschland und wurden von Angehörigen des Vereins „Jugendsport in Wald und Feld“ und Gruppen des Altwandervogels betreut. In Bamberg unternahm Alexander Lion gemeinsam mit dem Turnlehrer Heinrich Steinmetz im Sommer 1909 Wanderungen und Pfadfinderspiele mit 20 Schülern.

Die Pfadfinder wurde anfangs aus nationalistischen und antisemitischen Kreisen angefeindet. Aus diesen Kreisen wurde besonders Alexander Lion wegen seiner jüdischen Herkunft angegriffen. Ebenso wurde Georg Baschwitz als „eitler jüdischer Herr“ beschimpft. Der Vereinsname wurde zu „Judensport in Wald und Feld“ verunglimpft.

1911 wurden viele einzelne Pfadfindergruppen im Deutschen Pfadfinderbund zusammengeschlossen, maßgeblich unter Beteiligung von Lion.

Zusammen mit Elise von Hopffgarten nahmen sich Lion und Bayer dem Buch Pfadfinderbuch für Mädchen an und veröffentlichten es 1912.

Im Ersten Weltkrieg diente er als Stabsarzt an verschiedenen Fronten unter Anderem im Osmanischen Reich, das mit dem Deutschen Reich verbündet war. Nach Kriegsende diente er zunächst beim Grenzschutz Ost und später im Freikorps Epp. Nach seiner Entlassung aus den bewaffneten Verbänden (letzter Dienstgrad: Generaloberst) arbeitete er als Arzt im Kurort Oberhof in Thüringen. Er war zudem Inspekteur des Deutschen Roten Kreuzes im Bezirk Gotha. Von 1923 bis 1926 war er aktives Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei.

Vom Sommer 1920 bis zum Herbst 1928 zog sich Lion auf der Pfadfinderbewegung zurück. Er schrieb dazu, dass er die Bewegung nicht mit seiner Herkunft aufgrund der „Rassenfrage“ belasten wolle. Erst 1928 nahm er Kontakt zum Bund der Reichspfadfinder auf. Dazu nahm er auf Gesuchen des Bundes der Reichspfadfinder und Späher und nach einer Einladung aus England am 3. Jamboree teil. Danach gründete er eine kleine Gruppe in Oberhof. So nahm er vom 23. bis 26. Mai 1931 am 6. Bundeslager des Bundes der Reichspfadfinder auf der Burgruine Greene bei Kreiensen teil. Beim anschließenden Arbeitslager leitete er als Generaloberarzt a.D. mit Unterstützung der Sanitätskolonne Kreiensen die Pfadfinderübungen zum Bereich Erste Hilfe. Nach einem Unfall im Brandleitetunnel nahe Oberhof leistete Lion am 1. August desselben Jahres unter Einsatz seines Lebens Rettungsmaßnahmen. Zuletzt gehörte er der Reichsschaft Deutscher Pfadfinder an, die er half um den Jahreswechsel 1932/1933 aufzubauen und die 1934 verboten wurde.

Schwierigkeiten im 3. Reich

Nach dem Krieg und seiner Entlassung arbeitete er als Arzt im thüringischen Oberhof bis er 1935 seine Bürgerrechte verlor, da er von den Nazis als Jude eingestuft wurde. Ali mußte seine Praxis verkaufen. Er fand Unterschlupf im Messnerhaus in Brannenburg am Inn. Ein Plan der Ali eine Anstellung in Palästina als Missionsarzt zu verschaffen, scheiterte weil ihm sein Auslandspaß entzogen wurde.

1936 wurde er als Anerkennung seiner Verdienste um die Pfadfinderbewegung zum Ehrenfeldmeister des Österreichischen Pfadfinderbundes ernannt. Ebenfalls 1936 informierte er in einem vertraulichen Brief von Rom aus das langjährige Mitglied des Weltkomitees und Internationalen Kommissär des Österreichischen Pfadfinderbundes Emmerich „Papa“ Teuber über das Doppelspiel der Reichsjugendführung gegenüber der Pfadfinderbewegung.

Am 02. November 1938 wurde er von der Gestapo verhaftet. Im Mai 1938 gemeinsam mit den österreichichischen Pfadfindern Helene „Lona“ Prochazka und „Papa“ Teuber vor ein Sondergericht in München gestellt. Er wurde zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt. 1939 kam er wieder frei und zog nach Kolbermoor in Oberbayern, wo er bis 1942 lebte. Nachdem er von einem Mitbürger verraten wurde, versteckte er sich mit Hilfe des Bürgermeisters bis Ende des Krieges. Am 13. April 1944 wurde Lions Bruder Richard und am 19. April 1945 dessen Frau Beatrice im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordet.

1945–1962

Nach dem zweiten Weltkrieg leitete er das Kreisjugendamt Bad Aibling und wirkte am Aufbau des BDP mit. Am 31.10.1945 erhielt Ali eine Lizenz von den amerikanischen Behörden für den Aufbau von Pfadfindergruppen seines ehemaligen Bundes der Reichschaft Deutscher Pfadfinder. Es war eine der erste Lizenzen, die den Aufbau von Pfadfindergruppen im besetzten Deutschland erlaubte. Im Spätherbst und Winter 1945 veröffentlicht Lion mit Zustimmung der Militärregierung in Zeitungen, Zeitschriften und im Radio Aufrufe an alle ehemaligen Pfadfinder und andere Angehörige der Bündischen Jugend sich bei ihm zu melden um an der Gründung eines Pfadfinderbundes in Bayern mitzuarbeiten. Am Karfreitag 1946 große Besprechung bei Ali in Bad Aibling. Es wurde beschlossen einen gemeinsamen Bund für alle Pfadfinder zu gründen, der zum frühest möglichen Zeitpunkt um Aufnahme in den Weltverband ansuchen soll. Es wurde auch beschlossen den Namen Reichschaft Deutscher Pfadfinder nicht mehr zu verwenden. Zu Pfingsten 1946 einigte man sich auf den Namen "Bund Deutscher Pfadfinder".

Ali wurde Ehrenpräsident des neuen Bundes, der vorerst auf Bayern beschränkt war. Im Februar 1947 wurde der deutsche Pfadfindering in Bayern gegründet. Ihm gehörten die DPSG, die CP und der BDP an. Bayern wurde damit zum Vorbild für ganz Westdeutschland. Alexander Lion stand auch den Pfadfindern in anderen beiden westlichen Besatzungszonen mit Rat und Tat zur Seite. So veröffentlichte Ali in dieser Zeit den Rundbrief Der Pfadfinder. 1947 gründete er die „Gesellschaft zur Förderung des Pfadfindertums e.V.“. 1948 wurde in Karlsruhe der "Bund Deutscher Pfadfinder" gegründet, diesmal für alle drei Westzonen. Alexander Lion war als Ehrengast anwesend. Ali wurde auch Ehrenpräsident des gesamtwestdeutschen BDP. Er hatte dieses Amt bis zu seinem Tod inne. Im Herbst 1949 legte Ali sein Funktion als Kreisjugendamtsleiter zurück. So nahm er 1950 am Bundeslager des Bund Deutscher Pfadfinder bei Krumbach in Schwaben teil.

1946 wurde Alexander Lion als „Verfolgter des Nationalsozialistischen Regimes“ anerkannt. Zwischen 1946 und 1948 war er Mitglied der Spruchkammer für Entnazifizierung in Bad Aibling.

Er war der älteste Teilnehmer am 7th World Jamboree in Bad Ischl. Ali pflegte vielfältige Kontakte zu Pfadfinderführern und Pfadfinderbünden im Ausland wie z.B. zum neugegründeten Österreichischen Pfadfinderbund .

Er starb am 03.02.1962 auf Schloss Elmischwang in der Nähe von Augsburg.

Grabstätte

Alexander Lion liegt gemeinsam mit seiner Frau am Friedhof der Stadt Fischbach bei Augsburg begraben (Grab Nr.8931). Die Grabstätte und die Grabpacht für 30 Jahre wurde mit Spenden aus deutschen Pfadfinderkreisen finanziert. Die Grabpacht von 1992 bis 2022 wurde von der DPSG Augsburg bezahlt. Es sind Bestrebungen im Gange die Stadt zu überzeugen das Grab in ein Ehrengrab mit ewigem Ruherecht umzuwandeln.

Auszeichnungen

  • bronzene Ehrenmedaille zum Königlich Niederländischen Orden von Oranien-Nassau (1889)
  • Preußische Eiserne Kreuz II. Klasse (1914)
  • königlich bayerische Verdienstkreuz II. Klasse (1915)
  • Eiserner Halbmond (1916)
  • Eiserne Kreuz I. Klasse (1918)
  • bayerischen Militärverdienstorden III. Klasse mit Schwertern (1918)
  • Ehrenfeldmeister des Österreichischen Pfadfinderbundes (1936)
  • goldene Rautenlilie des BDP
  • Gedenkstein im Ehrenhain der deutschen Jugendbewegung auf der Burg Waldeck
  • Eine Gilde im VDAPG ist nach Alexander Lion benannt [1]

Veröffentlichungen

  • Untersuchungen über den Keimgehalt und die Desinfection benutzter Bücher. Inaugural-Dissertation, Stahelsche königliche Hof. Buchdruckerei, Würzburg 1895.
  • Die Kulturfähigkeit des Negers und die Erziehungsaufgaben der Kulturnationen. Süsserott, Berlin 1908 (Koloniale Abhandlungen 15)
  • Tropenhygienische Ratschläge. Verlag der Aerztlichen Rundschau, Otto Gmelin, München 1907. 2. Auflage 1914.
  • Alexander Lion: "Das Pfadfinderbuch", Faksimilie der Ausgabe von 1909, Spurbuchverlag, Baunach 2014, ISBN: 978-3-88778-420-1
  • Wie werde ich Pfadfinder. Deutsche Sportbücherei Band 8/9. Grethlein & Co., Leipzig und Zürich 1920.
  • Stephan Schrölkamp [Hrsg.]: "Alexander Lion - Höhen und Tiefen des Lebens - Autobiographisches und Selbstzeugnisse", Spurbuchverlag, Baunach 2014, ISBN 978-3-88778-414-0

Literatur

  • Markus Schneider, Alexander Lion und der Österreichische Pfadfinderbund in Unser Weg-Die Zeitschrift des Österreichischen Pfadfinderbundes 2/2011, S.23-24
  • Scouting 1/09: 100 Jahre Pfadfinder in Deutschland, S.40-42
  • Stephan Schrölkamp: Gründerväter der Pfadfinderbewegung: Bd. 1, Spurbuchverlag, Baunach 2004. ISBN 978-3-88778-226-9
  • Harry Neyer (März 1962). "Er schuf den Namen Pfadfinder-50 Jahre Dienst des Pfadfindertums" in Jugend am Lagerfeuer-Bubenzeitschrift der Pfadfinder Österreichs 3/1962, S.51,64.
  • Aus der Pfadfinderwelt, Deutschland in Unser Ziel-Organ für Führer und Mitarbeiter der Pfadfinder Österreichs 4/1962, S.63.
  • Hartmut Bartmuß: Alexander Lion. Arzt, Sanitätsoffizier, Pfadfinder. Hentrich & Hentrich, Berlin 2017, ISBN 978-3-95565-233-3.

Weblinks