Stilelemente der Pfadfinderei
Dieser Artikel ist DPSG-spezifisch. Eine Bearbeitung und Anpassung für andere Pfadfinderverbände ist gewünscht. Dieser Artikel ist dann nach Stilelemente der Pfadfinderei (DPSG) zu verschieben.
Pfadfinderische Stilelemente und Prinzipien
Groß-Kleingruppe
Ein typisches Kennzeichen pfadfinderischer Erziehung ist die Unterteilung der Gruppen in Kleingruppen. Das kann eine vorübergehende Einteilung zur Erledigung einer bestimmten Aufgabe (z.B. im Rahmen eines Projektes oder einer Streife) sein oder eine dauerhafte Einteilung. Die Kleingruppe bietet den Mitgliedern einige Vorteile:
Der Einzelne kann sich mit seinen Fähigkeiten besser einbringen. Da die Gruppe klein ist, kommt es auf jeden an, jeder wird gebraucht. Es ist leichter die eigenen Interessen zu vertreten. Man steht nicht gleich der großen Gruppe gegenüber. Die kleine Gruppe bietet die Möglichkeit sich besser kennen zu lernen und damit auch einen stärkeren Rückhalt. Die Kleingruppen, die nicht nur vorübergehend eingeteilt werden, bestehen üblicherweise über lange Zeit und die Mitglieder, die neu in eine Gruppe eintreten werden einer Kleingruppe zugeordnet. So bestehen die Kleingruppen oft über Jahre, auch wenn die ursprünglichen Mitglieder die Gruppe schon lange verlassen haben und neue Mitglieder aus der nächst jüngeren Stufe oder als Neu- und Quereinsteiger dazu gekommen sind. Für die Einteilung der Kleingruppen gibt es keine Patentrezepte. Wenn in einer Gruppe neue Kleingruppen eingeteilt werden müssen sich die Leiter evtl. auch mit den Kindern gut überlegen nach welchen Kriterien sie die Gruppen einteilen wollen. Mögliche Kriterien sind: Sollen die etwas Älteren und die etwas Jüngeren in verschiedene Gruppen, damit die Jüngeren mehr Chancen haben ihren eigenen Weg zu entdecken, oder gerade nicht, damit in beiden Gruppen die Jüngern von den Älteren lernen können ? Sollen die "Wilden" von den "Braven" getrennt sein, damit die "Braven" nicht immer von den "Wilden" dominiert werden, oder gerade nicht, damit diese Strukturen durchbrochen werden ?
Sollen die Gruppen nach Geschlechtern getrennt sein, damit sowohl die Mädchen als auch die Jungen einen gewissen Freiraum für ihre Interessen bekommen, oder sollen sie gerade gemischt sein, damit sie den Umgang miteinander im überschaubaren Feld der Kleingruppe leichter lernen können ? Sollen die "Besten Freunde" zusammen in eine Kleingruppe, oder gerade nicht, damit sie auch mal Andere besser kennen lernen ? In jedem Fall ist es notwendig sich als Leitungsteam, die Gruppe sehr genau anzusehen und zu überlegen wo Defizite oder Probleme bestehen und in welche Richtung man gerne Chancen bieten und Veränderungen bewirken möchte. Deshalb kann es keine Regeln geben die immer auf alle Gruppen zutreffen, da jede Gruppe anders ist. Die Bezeichnungen für die Groß- und Kleingruppe sowie die Sprecher der Kleingruppensprecher ist bei jeder Stufe anders.
Stufe | Großgruppe | Kleingruppe | Kleingruppensprecher |
Wölflinge | Meute | Rudel | Leitwolf |
Jungpfadfinder | Trupp | Sippe | Kornett |
Pfadfinder | Trupp | Runde | Rundensprecher |
Rover | Runde | Rundensprecher |
Fachleuteprinzip
Das Fachleuteprinzip ist eng mit der Idee der Kleingruppen verknüpft. Die Idee ist für jedes Mitglied der Kleingruppe eine Aufgabe zu definieren und ihm die Verantwortung dafür zu übertragen. Das ist eine der wichtigsten Ideen von Baden Powell gewesen. Er hat, völlig im Gegensatz zu der zu seiner Zeit vorherrschenden Meinung, Jugendlichen Aufgaben und die Verantwortung für ihre Durchführung übertragen. Das dieses Prinzip mit Erwachsenen funktioniert, hatte er in seiner Militärzeit entdeckt.
Seit seiner Zeit hat sich daran nicht allzu viel geändert. auch heute wird Kindern und Jugendlichen oft im Detail vorgeschrieben was sie zu tun oder zu lassen haben (z.B.: in der Schule) oder sie sollen zwar Verantwortung übernehmen, bekommen aber keinen Handlungsspielraum zugebilligt und vor allem keine Hilfestellung (ist nicht gleich Kontrolle!).
Am Beispiel eines Jungpfadfindertrupps dessen Leben sich stark um Lager und Fahrt dreht können in einer Kleingruppe z.B.: Aufgaben sie die des Kornett (=Kleingruppensprecher), Materialwart, Kassenführer, Koch, 1.-Hilfe-Spezialist, Chronist (führt das Sippentagebuch) und viele mehr besetzt werden. Entscheidend ist, dass wirklich jeder eine Aufgabe hat, die ihn herausfordert, aber nicht überfordert und das Gefühl gibt dass es auf seine Mitarbeit ankommt. Durch die Zuteilung von solchen Aufgabenbereichen, vor allem im Rahmen von Lagern und Fahrten, entwickeln die Kinder und Jugendlichen ihre Fähigkeiten weiter und lernen Verantwortung für sich und die Kleingruppe zu übernehmen.
Trupprat
Der Trupprat (bzw. der Meuten- oder Roverrat) besteht aus den Sprechern der Kleingruppen und einem Vertreter des Leitungsteams. Im Trupprat ist das Nervenzentrum des Trupps. Hier werden Aktionen geplant und koordiniert sowie Entscheidungen der Gruppe vorbereitet. Arbeiten die Kleingruppen einer Gruppe gemeinsam an einem Projekt und haben sich die Aufgaben aufgeteilt so muss das koordiniert werden. Steht eine wichtige Entscheidung an, können im Trupprat mögliche Alternativen ausgelotet werden, bevor sie der ganzen Gruppe zur Entscheidung vorgelegt werden. Der Trupprat ist ein Instrument um die Mitglieder der Gruppe noch stärker in Entscheidungen einzubeziehen - nicht umsonst haben die Mitglieder gegenüber dem einen Leiter die Mehrheit.
Wenn ein Leitungsteam eine bestimmte Idee in den Trupp einbringen möchte ist der Umweg über den Trupprat interessant. Was dort beschlossen wurde wird in der nächsten Gruppenstunde von den Kleingruppensprechern vertreten - das ist ein großer Unterschied zu der Situation in dem der Leiter der Gruppe eine Idee präsentiert.
In einem guten Trupprat könne auch Probleme aus der Gruppe besprochen werden. In dem kleinen und vertrauten Rahmen ist es eher möglich offen und fair miteinander zu sprechen als in der ganzen Gruppe.
Wenn jedoch der Eindruck entsteht, dass der Trupprat ein elitärer Kreis ist, der die Entscheidungen der Gruppe vorweg nimmt wird das Gegenteil erreicht. Hier gilt es den richtigen Mittelweg zwischen Motivation und Informationsvorsprung des Trupprates und Bevormundung der Großgruppe zu finden.
Chancen und Risiken des Trupprates
Nervenzentrum der Gruppe, Vorentscheidungen können leichter gefällt werden. Motivation der Kleingruppensprecher die sich auf die Kleingruppen übertragen kann. Möglichkeit für das Leitungsteam das Ohr näher an der Gruppe zu haben. Gefahr die Großgruppe zu bevormunden.
Look at the boy/girl
Pfadfinderische Erziehung setzt bei den Erwartungen und Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen an. Das Programm kommt aus der Gruppe selbst. Das ist einer der entscheidenden Punkte bei den Pfadfindern. Im Gegensatz zum Sportverein, dem Jugendrotkreuz oder der Jugendfeuerwehr, ist bei den Pfadfindern nicht auf den ersten Blick klar "Was man da so macht". Die Leiter wissen zu unterscheiden zwischen den Erziehungszielen und dem Programm der Gruppe und den Methoden mit denen die Ziele Erreicht werden. Da das Programm aus der Gruppe kommt kann es sehr unterschiedlich aussehen und ist so vielfältig wie unsere Gruppen eben sind.
Jede Gruppe ist anders und jedes Mitglied ist anders. Deshalb ist es eine besondere Aufgabe der Gruppenleiter sich immer wieder Zeit zu nehmen um sich "the boy" und "the girl" aber auch die Gruppe an sich anzusehen und sich darauf einzustellen. Baden-Powell hat das so beschreiben, dass Leiter "Boymen" sein müssen, die einen Blick für die Interessen und Bedürfnisse der Kinder haben. Sie müssen ihre Methoden und Zwischenziele auf dem Weg der Erziehung zu selbstbewussten und verantwortungsvollen Menschen immer wieder an den aktuellen Stand des Einzelnen und der Gruppe anpassen. Auch dafür steht "Look at the boy/girl".