Franz Paul Wimmer
Studienrat Franz Paul Wimmer (1878-1966) war einer der ersten Feldmeister Deutschlands.
Familie
Sein Großvater Rudolf Wimmer sen. war kaiserlicher Hofmaler. So wuchs Franz Paul in einem von Künstlern geprägten Umfeld auf.
Ausbildung und Beruf
Er studierte Mathematik und Naturwissenschaften in Würzburg, Erlangen und München. Nach dem Studium wirkte er ab 1904 als Gymnasiallehrer am "Alten Realgymnasiums" in München, dem heutigen "Oskar von Miller Gymnasium". 1922 wechselte er an das Rupprecht-Gymnasium München, 1932 wurde er Direktor des Maria-Theresia-Gymnasiums in München. 1938 trat er aus beruflichen Zwängen mit seiner Frau der NSDAP bei. Auf Grund einer anonymen Denunziation aus Kreises des NS-Lehrerbundes, dessen Wirken er an seiner Schule aktiv entgegenarbeitete, wurde er 1941, 5 Jahre vor seiner Pensionierung, in die damals bayerische Pfalz nach Mannheim strafversetzt. Als Schulleiter zog er dort eine unangemessen schwere Schulaufgabe eines Kollegen zurück, was diesen veranlasste, ihn nach der Befreiung 1945 bei der französichen Besatzungsbehörde als "üblen Nazionalsozialisten" zu denunzieren. Er wurde ohne Pensionsanspruch vom Dienst suspendiert und zog mit seiner französischen Frau Jeanne Rosalie und Tochter Franziska nach Gottsdorf bei Passau, den Geburtsort seines Vaters. Sein Sohn Paul arbeitete als Mediziner bei einem Münchner Pharmakonzern. Von Gottsdorf aus, wo er ohne Einkommen in größter Armut lebte, betrieb er bei der Spruchkammer München seine Rehabilitierung, die ihn zunächst nach den Mannheimer Akten als "belastet" einstufte, bald aber die Denunziation aufdeckte. Wegen seiner NSPAP-Mitgliedschaft ab Mai 1938 wurde er als "Mitläufer" eingestuft und erhielt fortan seine Pension auch rückwirkend ausgezahlt.
Der von Wimmer gegründete 1. Münchner Pfadfinderzug (1. MPZ) setzte sich seiner beruflichen Laufbahn entsprechend bis 1932 hauptsächlich aus Schülern des Alten Realgymnasiums und des Rupprecht-Gymnasiums zusammen. Sein ehemaliger Schüler am Rupprecht-Gymnasium Rupert Gerngroß, Pfadfinder und Stammesführer des 1-MPZ in den späten 20er Jahren, initiierte als Offizier in der Dolmetscher-Kompanie der Wehrmacht in München im Frühjahr 1945 mit anderen Mitgliedern des 1. MPZ und seinen Dolmetschern die "Freiheitsaktion Bayern", rief zum bayernweiten Aufstand gegen das NS-Regime auf und leitete diesen in München. Ziel war, den "Nero-Befehl" der SS (Zerstörung der Brücken und Infrastruktur vor den einmaschierenden US-Truppen) zu verhindern, die NS-Repräsentanten zu verhaften ("Fasanenjagd") und den Amerikanern Bayern kampflos zu übergeben. Der Aufstand wurde von der SS nach anfänglichen Erfolgen blutig niedergeschlagen, band aber deren Kräfte so sehr, dass der "Nero-Befehl" nicht umgesetzt und Bayern weitestgehend kampflos von den US-Truppen besetzt werden konnte. Zu Ehren dieser Freiheitsaktion wurde der Feilitzschplatz in München-Schwabing in "Münchner Freiheit" umbenannt. Das Alte Realgymnasium liegt nur einen Häuserblock von diesem Platz entfernt.
Pfadfinder
Im Sommer 1909 lasen Schüler des "Alten Realgymnasiums" in München Das Pfadfinderbuch von Alexander Lion. In der Folge baten sie ihren Lehrer Studienrat Franz Paul Wimmer mit ihnen nach dem Buch zu arbeiten und eine Pfadfindergruppe im Sinne des Verein Jugendsport in Wald und Feld zu gründen. Der Lehrer war als erster Feldmeister tätig.
Am 25.9.1909 entstand daraus der 1.Münchner Pfadfinderzug (1.MPZ), eine der ersten deutschen Pfadfindergruppen. Der 1.Münchner Pfadfinderzug wurde von Franz Paul Wimmer geführt. Er schloss sich dem Verein Jugendsport in Wald und Feld an.
Er blieb der Pfadfinderei sein Leben lang verbunden und so war er bei den jährliche Traditionstreffen des 1.Münchner Pfadfinderzug immer dabei. Paul Wimmer übergab dem Traditionsstamm Steinadler München eine Signaltrompete und ein Banner. Der Traditionsstamm vertrat bei Wimmers Beerdigung die Pfadfinderjugend.
Er verstarb 1966 und wurde seinem letzten Willen entsprechend auf dem Friedhof der Gemeinde Gottsdorf beigesetzt.
Veröffentlichungen
- „Praxis der Makro- und Mikroprojektion für Lehrzwecke“(1911)
Erinnerungsfeiern 100 Jahre Pfadfinder in Bayern und Deutschland 1909-2009
9.Mai 2009 Gedenkfeiern am Grab von Franz Paul Wimmer in Gottsdorf bei Passau und am Grab von Alexander Lion in Fischach bei Augsburg. Eine Gedenkplatte am Grab des Studienrats wurde angebracht. Sie erinnert an seine Bedeutung für die deutsche Pfadfinderbewegung. Gastgeber war der DPSG Stamm Untergrießbach. Vertreten waren DPSG, BdP, PSG,VDAPG und Vertreter von Politik, Gesellschaft und Presse aus der Region.
25.September 2009 Austellung im Landesamt für Finanzen, dem früheren Alten Realgymnasiums und Spielefest im "Oskar von Miller Gymnasium". Gedenktafeln in Erinnerung an Franz Paul Wimmer und den 1.Münchner Pfadfinderzug sollen angebracht werden.
Die Erinnerungsfeiern werden von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Ringverbände in Bayern und des VDAPG organisiert.
Literatur
Scouting 1/09: 100 Jahre Pfadfinder in Deutschland, S.40-42
Scouting 1/09: "Pfadfinden 100" Interview mit Hanns Ortlieb, S.43-46
Scouting 2/09: "Pfadfinden 100 in Deutschland-Geburtstagsfest in Gottsdorf", S.38-39
Weblinks
- Forum für Pfadfinder-Geschichte 1/08 mit ausführlichen Beiträgen über 100 Jahre Pfadfinder in Deutschland
- Spurensuche "Pfadfinden" von Helmut Raum
- Mark Holzhauser: Enkel des Kaisermalers gründete deutsche Pfadfinderschaft
- Fotos und Bericht der Feier in Gottsdorf auf der Webseite der Pfarrgemeinde Untergrießbach